Besser beschleunigen mit einem Laserplasma
Neues Diagnosetool für Laser-Plasmabeschleuniger entwickelt.
Laser-Plasmabeschleuniger sind platzsparender als herkömmliche, teils kilometerlange Anlagen. Solche kompakten Teilchenquellen können Pakete aus Elektronen effizient beschleunigen und dadurch Röntgenlaser ermöglichen, die auch in den Institutskeller einer Universität passen. Doch es gibt noch manche Herausforderung zu meistern: Um hochwertiges UV- oder Röntgenlicht zu erzeugen, müssen die aus einem Laser-Plasmabeschleuniger kommenden Elektronenpakete sehr fein gebündelt sein und definierte Eigenschaften aufweisen. Bislang aber war es schwierig, diese Pakete überhaupt genau genug zu vermessen. Nun präsentiert ein Team des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf HZDR eine neuartige Methode. Sie dürfte dazu beitragen, die Entwicklung der Laser-Plasmabeschleunigung voranzutreiben.
Bei der Laser-Plasmabeschleunigung schießt ein Laser intensive Lichtpulse in ein Gas. Der Puls ist so stark, dass er das Gas ionisiert und ein Plasma erzeugt. Da der Laserpuls die leichten Elektronen schneller zur Seite drängt als die schwereren Ionen, entsteht hinter ihm eine elektrisch positiv geladene Blase. Werden nun Elektronen in diese Blase injiziert, kann deren starke Ladung sie geradezu wegkatapultieren. Der Clou: Der Prozess spielt sich innerhalb weniger Zentimeter ab, kann aber die zu Paketen gebündelten Elektronen genauso stark beschleunigen wie eine herkömmliche Anlage, die Dutzende oder gar hunderte Meter misst und die Teilchen mit Radiowellen auf Touren bringt.
Eine interessante Anwendung für künftige Laser-Plasmabeschleuniger stellt der Freie-Elektronen-Laser (FEL) dar. Bei ihm fliegen nahezu lichtschnelle Elektronenpakete durch einen Undulator. Diese Magnetanordnung zwingt die Teilchen auf Slalombahnen, wodurch sie starke, laserartige Röntgen- oder UV-Blitze aussenden. Damit lassen sich dann unter anderem extrem schnelle Prozesse verfolgen, zum Beispiel chemische Reaktionen, die in Billiardstel Sekunden ablaufen.
Mittlerweile gibt es mehrere dieser Forschungsmaschinen, darunter den European XFEL in Hamburg. Sie basieren auf konventionellen, teils kilometerlangen Linearbeschleunigern. Allerdings sind diese Anlagen bislang rar, entsprechend schwierig ist es für Forschende, Messzeit an ihnen bewilligt zu bekommen. Ließen sich FELs auf der Grundlage von Laser-Plasmabeschleunigern konstruieren, könnten die Anlagen so kompakt und kostengünstig gebaut werden, dass sie sich beispielsweise ein Universitätsinstitut als Forschungswerkzeug leisten könnte. Damit würde die Technik deutlich mehr Forschungsteams zur Verfügung stehen als heute.
Erste Erfolge gibt es bereits: Seit 2021 konnten drei Forschungsgruppen demonstrieren, dass sich ein FEL auf Laserplasma-Basis realisieren lässt – ein Team aus Shanghai in China, eine Gruppe aus Frascati nahe Rom und ein Team um den Physiker Arie Irman vom HZDR-Institut für Strahlenphysik. In einem Übersichtsartikel fassen die Beteiligten den aktuellen Stand der Entwicklung zusammen und benennen die verbleibende Forschungsfragen. „Unter anderem müssen wir die Qualität und Stabilität der beschleunigten Elektronenpakete verbessern und die Energieverteilung der Elektronen in den Paketen minimieren“, erläutert Irman. „Wichtig ist aber auch die Entwicklung neuer Diagnosemethoden, um die Prozesse in einem Laser-Plasmabeschleuniger präziser als bislang untersuchen zu können.“
Hier setzt das neue HZDR-Projekt an: Maxwell LaBerge, Postdoc in Irmans Team, konnte ein Messverfahren entwickeln, mit dem sich die überaus kurzen, wenige Mikrometer messenden Elektronenpakete detailliert analysieren lassen. Das Prinzip: „Wir schicken die fast lichtschnellen Elektronenpakete aus dem Plasmabeschleuniger auf eine dünne Metallfolie“, erklärt LaBerge. „Das bringt die Elektronen auf der Oberfläche der Folie in Bewegung.“ Infolgedessen strahlen diese Elektronen – ähnlich wie bei einem Sendemast – ein Signal aus, das sich mit Sensoren erfassen lässt. „Anhand dieses Signals können wir präzise rekonstruieren, wie die Elektronenpakete, die die Folie durchqueren, aussehen“, beschreibt LaBerge das Verfahren, das die Fachleute als Coherent Optical Transition Radiation (COTR) bezeichnen.
Angewendet haben die Fachleute ihre neue Messmethode, um unterschiedliche Verfahren für die Injektion der zu beschleunigenden Elektronen in die Plasmablase zu untersuchen. Das Resultat: „Wir konnten feststellen, dass verschiedene Injektionsmethoden zu ganz unterschiedlichen Formen von Elektronenpaketen führen“, erklärt Arie Irman. „Das zeigt, dass die neue Methode helfen kann, die Form und die Struktur der Elektronenpakete viel genauer zu kontrollieren.“ Und je besser die Kontrolle über die schnellen Elektronenbündel, umso heller und stabiler ist das Licht, das sie in einem FEL erzeugen.
HZDR / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichungen
M. LaBerge et al.: Revealing the three-dimensional structure of microbunched plasma-wakefield-accelerated electron beams, Nat. Phot., online 15. Juli 2024; DOI: 10.1038/s41566-024-01475-2 - M. Galletti et al.: Prospects for free-electron lasers powered by plasma-wakefield-accelerated beams, Nat. Phot. 18, 780 (2024); DOI: 10.1038/s41566-024-01474-3
- Institut für Strahlenphysik, Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf HZDR, Dresden