Bewegte Moleküle schreiben Buchstaben
Eingesperrte Moleküle offenbaren ihre Thermodynamik.
Auf der Suche nach Hochleistungsmaterialien für Gasspeicherung, thermische Isolierung oder Nanomaschinen ist es entscheidend, das thermische Verhalten der Materialien bis auf die Ebene einzelner Moleküle zu verstehen. Die klassische Thermodynamik mittelt allerdings über einen Zeitraum und eine große Anzahl von Molekülen. Forscher der TU München und der Uni Linköping haben nun eine Methode entwickelt, mit der sie die Gleichgewichtsthermodynamik von Einzelmolekülen mit atomarer Auflösung bei unterschiedlichen Temperaturen untersuchen können. Die Studie basiert auf einer Technologie, die es ermöglicht, Moleküle in zweidimensionalen Nanoporen einzuschließen, sowie auf umfangreichen rechnerischen Modellierungen.
Abb.: Die Nanopore begrenzt die Bewegungsmöglichkeiten des eingefangenen Moleküls. ( Bild: TU München)
Florian Klappenberger von der TU München entwickelte eine Methode, um geordnete metall-organische Netzwerke auf einer Silberoberfläche zu erzeugen. Das Netzwerk bildet Nanoporen, die die Bewegungsfreiheit einzelner adsorbierter Moleküle in zwei Dimensionen drastisch beschränken. Mit einem Rastertunnelmikroskop konnten die Forscher die Bewegungen der Moleküle bei verschiedenen Temperaturen mit Sub-Nanometer-Auflösung vermessen. Parallel zu den Experimenten bauten die Forscher ausgeklügelte Computermodelle auf, um die Temperaturabhängigkeit der Dynamik der eingefangenen Moleküle zu modellieren. „Mit Hilfe von Supercomputern gelang es uns, die Wechselwirkungen und die Energielandschaft der Bewegung der Moleküle zu beschreiben", sagt Jonas Björk von der Uni Linköping.
Abb.: Gefangen in einer modifizierten Nanopore bildet das Molekül bei präziser Einstellung der Temperatur durch seine Wärmebewegung Buchstaben des Alphabets nach, (Bild: TU München)
Beim Vergleich experimenteller und modellierter Daten erkannten die Wissenschaftler, dass sich unter bestimmten Bedingungen die integrale Theorie auf eine einfache Projektion der räumlichen Molekülpositionen reduzieren lässt. Dies ist ein Ansatz, der in der statistischen Mechanik häufig angewandt wird. Bisher war es aber unmöglich, damit ein Experiment zu beschreiben, denn ohne Beschränkung durch den zweidimensionalen Käfig wären unendlich viele mögliche Molekülpositionen und Energien zu berücksichtigen.
Die zweidimensionalen Netzwerke schränken die Zahl der verfügbaren Konfigurationen eines einzelnen Moleküls ein. In Analogie zur Biologie hat eine solche Form der Einbindung das Potenzial, daraus Sensoren, Nanomaschinen und möglicherweise Logik-Bausteine aufzubauen, die molekular kontrolliert werden können. Mit ihrem Wissen über die charakteristischen Gleichgewichtskonfigurationen modifizierten die Forscher Nanoporen so, dass ein eingefangenes Molekül durch präzise Einstellung der Temperatur Buchstaben des Alphabets, wie L, I und U nachbilden konnte.
TUM / RK