Beweis für junge, aktive Sonne
Edelgasisotope in Meteoriten-Mineralen belegen die erhöhte Sonnenaktivität.
Unsere Sonne durchlief vor gut 4,5 Milliarden Jahren eine aktive Phase, während der sie viel stärker strahlte als heute. Dies schließen Forscher aufgrund von Messungen, die sie an der ETH Zürich mit einem weltweit einzigartigen Instrument durchgeführt haben. Im Institut für Geochemie und Petrologie lassen sich damit winzige Spuren bestimmter Edelgase nachweisen. „Dieses Massenspektrometer wurde hier gebaut und ist bei Helium- und Neonmessungen um einen Faktor 100 empfindlicher als jedes kommerzielle Gerät“, erklärt Henner Busemann vom Departement Erdwissenschaften und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS. „Speziell konnten wir eine erhöhte Aktivität der jungen Sonne nachweisen“, sagt Geophysikerin Levke Kööp von der Universität Chicago. Eine ähnliche, aktive Phase kann man heute bei jungen, sonnenähnlichen Sternen beobachten, die verstärkt Röntgen- und Teilchenstrahlung in Form von Jets aussenden.
Abb.: So könnte unser Sonnensystem bei der Geburt ausgesehen haben: Der junge Stern sendet Strahlung und Materie in Form von Jets aus. Das Hubble-Bild zeigt das Objekt HH 24 in einer Sternentstehungsregion im Orion. (Bild: NASA / ESA)
Die Forscher untersuchten Material eines großen Meteoritens. Dieser Murchison-Meteorit wird in der Forschung aufgrund seiner großen Masse und ursprünglichen Zusammensetzung oft als Standardprobe verwendet. Er enthält unter anderem Einschlüsse, die reich an Kalzium und Aluminium sind und aus der Urzeit des Sonnensystems stammen. Diese CAIs – calcium-aluminum-rich inclusions – sind die ersten Minerale, die vor gut 4,5 Milliarden Jahren aus dem solaren Nebel kondensierten. Sie bildeten sich in der Nähe der Sonne aus 2000 Grad heißem Gasgemisch, das sich abkühlte. Sie wurden dann innerhalb weniger Millionen Jahre in äußere, sonnenentferntere Regionen des Sonnensystems transportiert, wo sie dann in Asteroiden eingebaut wurden.
Das Team untersuchte zwei verschiedene Klassen von CAIs und maß deren Gehalt von Helium und Neon. Die Isotope Helium-3 und Neon-21 entstehen, wenn CAIs kosmischer Strahlung ausgesetzt sind. Der Gehalt an Helium-3 und Neon-21 erlaubt deshalb Rückschlüsse auf die Bestrahlungsdauer, der die Minerale im Weltraum ausgesetzt waren. „Vom Murchison-Meteorit wissen wir, dass dieser rund 1,5 Millionen Jahre im All unterwegs war, bevor er 1969 in Australien auf die Erde stürzte“, erklärt Busemann. Auch eine der beiden untersuchten CAI-Klassen wies das gleiche Bestrahlungsalter auf. Die andere jedoch zeigte bei den Messungen deutlich erhöhte Werte von Helium-3 und Neon-21. „Diese Klasse hat also nach ihrer Bildung und vor dem Einbau in den Mutterasteroiden von Murchison eine zusätzliche Bestrahlung bekommen“, sagt der ETH-Forscher.
Dafür gibt es nur eine Erklärung: Die Sonnenstrahlung, die auch aus Teilchen besteht, muss bei der Entstehung dieser Minerale mindestens rund 50 mal stärker gewesen sein als später, als die zweite Klasse CAIs und das restliche Material des Murchison-Mutterkörpers kondensierte. Die eine Klasse CAIs erhielt also eine Vorbestrahlung. „Das macht diese Messungen so aufregend für uns“, sagt Henner Busemann: „Dass die junge Sonne eine solch aktive Phase durchlief, wurde zwar schon aufgrund anderer früherer Messungen von Meteoritenmaterial vermutet, doch erst jetzt haben wir einen stichhaltigen Beweis dafür.“
Für die Edelgas-Untersuchung reiste Levke Kööp aus den USA extra nach Zürich. „Denn meine Proben, die aus der frühesten Geschichte des Sonnensystems stammen, sind sehr klein, und deswegen waren kleine Edelgasmengen zu erwarten“, sagt die Geophysikerin. Obwohl das Massenspektrometer bereits vor zwanzig Jahren gebaut wurde, ist es weltweit nach wie vor das einzige Instrument, mit der sich solch geringe Konzentrationen von Helium-3 und Neon-21 nachweisen lassen. „Wir können hier an der ETH neue Instrumente entwickeln und die bestehenden instandhalten, das ist ungemein wichtig“, sagt Busemann. Davon profitieren nicht nur die Kosmochemiker. Auch das Alter von Grund- und Seewasser lässt sich damit bestimmen, um beispielsweise Mischungsprozesse zu studieren.
ETHZ / JOL