03.08.2018

Beweis für junge, aktive Sonne

Edelgasisotope in Meteoriten-Mineralen belegen die erhöhte Sonnenaktivität.

Unsere Sonne durchlief vor gut 4,5 Milliarden Jahren eine aktive Phase, während der sie viel stärker strahlte als heute. Dies schließen Forscher aufgrund von Messungen, die sie an der ETH Zürich mit einem weltweit einzig­artigen Instrument durch­geführt haben. Im Institut für Geochemie und Petrologie lassen sich damit winzige Spuren bestimmter Edelgase nachweisen. „Dieses Massen­spektrometer wurde hier gebaut und ist bei Helium- und Neon­messungen um einen Faktor 100 empfind­licher als jedes kommer­zielle Gerät“, erklärt Henner Busemann vom Departement Erdwissen­schaften und Mitglied des Nationalen Forschungs­schwerpunkts PlanetS. „Speziell konnten wir eine erhöhte Aktivität der jungen Sonne nach­weisen“, sagt Geo­physikerin Levke Kööp von der Univer­sität Chicago. Eine ähnliche, aktive Phase kann man heute bei jungen, sonnen­ähnlichen Sternen beobachten, die verstärkt Röntgen- und Teilchen­strahlung in Form von Jets aussenden.

Abb.: So könnte unser Sonnensystem bei der Geburt ausgesehen haben: Der junge Stern sendet Strahlung und Materie in Form von Jets aus. Das Hubble-Bild zeigt das Objekt HH 24 in einer Sternentstehungsregion im Orion. (Bild: NASA / ESA)

Die Forscher unter­suchten Material eines großen Meteo­ritens. Dieser Murchison-Meteorit wird in der Forschung aufgrund seiner großen Masse und ursprüng­lichen Zusammen­setzung oft als Standard­probe verwendet. Er enthält unter anderem Einschlüsse, die reich an Kalzium und Aluminium sind und aus der Urzeit des Sonnensystems stammen. Diese CAIs – calcium-aluminum-rich inclusions – sind die ersten Minerale, die vor gut 4,5 Milliarden Jahren aus dem solaren Nebel konden­sierten. Sie bildeten sich in der Nähe der Sonne aus 2000 Grad heißem Gas­gemisch, das sich abkühlte. Sie wurden dann innerhalb weniger Millionen Jahre in äußere, sonnen­entferntere Regionen des Sonnen­systems trans­portiert, wo sie dann in Asteroiden eingebaut wurden.

Das Team untersuchte zwei verschiedene Klassen von CAIs und maß deren Gehalt von Helium und Neon. Die Isotope Helium-3 und Neon-21 entstehen, wenn CAIs kos­mischer Strahlung ausgesetzt sind. Der Gehalt an Helium-3 und Neon-21 erlaubt deshalb Rückschlüsse auf die Bestrahlungs­dauer, der die Minerale im Weltraum ausgesetzt waren. „Vom Murchison-Meteorit wissen wir, dass dieser rund 1,5 Millionen Jahre im All unterwegs war, bevor er 1969 in Australien auf die Erde stürzte“, erklärt Busemann. Auch eine der beiden unter­suchten CAI-Klassen wies das gleiche Bestrahlungs­alter auf. Die andere jedoch zeigte bei den Messungen deutlich erhöhte Werte von Helium-3 und Neon-21. „Diese Klasse hat also nach ihrer Bildung und vor dem Einbau in den Mutter­asteroiden von Murchison eine zusätz­liche Bestrahlung bekommen“, sagt der ETH-Forscher.

Dafür gibt es nur eine Erklärung: Die Sonnen­strahlung, die auch aus Teilchen besteht, muss bei der Entstehung dieser Minerale mindestens rund 50 mal stärker gewesen sein als später, als die zweite Klasse CAIs und das restliche Material des Murchison-Mutter­körpers konden­sierte. Die eine Klasse CAIs erhielt also eine Vorbe­strahlung. „Das macht diese Messungen so aufregend für uns“, sagt Henner Busemann: „Dass die junge Sonne eine solch aktive Phase durch­lief, wurde zwar schon aufgrund anderer früherer Messungen von Meteoriten­material vermutet, doch erst jetzt haben wir einen stich­haltigen Beweis dafür.“

Für die Edelgas-Unter­suchung reiste Levke Kööp aus den USA extra nach Zürich. „Denn meine Proben, die aus der frühesten Geschichte des Sonnen­systems stammen, sind sehr klein, und deswegen waren kleine Edelgas­mengen zu erwarten“, sagt die Geo­physikerin. Obwohl das Massen­spektrometer bereits vor zwanzig Jahren gebaut wurde, ist es weltweit nach wie vor das einzige Instrument, mit der sich solch geringe Konzen­trationen von Helium-3 und Neon-21 nach­weisen lassen. „Wir können hier an der ETH neue Instrumente entwickeln und die bestehenden instand­halten, das ist ungemein wichtig“, sagt Busemann. Davon profi­tieren nicht nur die Kosmo­chemiker. Auch das Alter von Grund- und Seewasser lässt sich damit bestimmen, um beispiels­weise Mischungs­prozesse zu studieren.

ETHZ / JOL

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