09.07.2014

Biegsame Bildschirme

Germanium-Antimon-Tellur-Legierung zeigt Potenzial für biegsame, energiesparende und hochaufgelöste Displays.

Ein Leben ohne elektronische Bildschirme kann man sich heute kaum noch vorstellen. Viele Innovationen im modernen Alltag davon hängen ab, wie energiesparend, lesbar und leicht die elektronischen Helferlein sind. Eine neue, vielversprechende Art von Kompositmaterial für Displays der Zukunft haben nun Wissenschaftler um Harish Bhaskaran von der University of Oxford vorgestellt. Ihre Legierung zeigt einige wünschenswerte Eigenschaften, um auch winzige Displays mit hoher Auflösung möglich zu machen. Sie benötigt zudem wenig Energie, besitzt eine hohe Schaltrate und sollte sich mit modernen lithographischen Produktionsverfahren herstellen lassen.

Abb. 1: Im transparenten Modus lässt die flexible Folie Licht passieren. (Bild: Oxford U.)

Das Material besteht aus einer dünnen Schicht einer speziellen Germanium-Antimon-Tellur-Legierung (GST), einem Phasenübergangsmaterial, das sich mittels elektrischer Felder von einer metastabilen amorphen Phase in eine stabile kristalline Phase bringen lässt. Das GST ist zwischen zwei ultradünne Lagen aus Indium-Zinn-Oxid eingebettet. Diese dienen als transparente Elektroden und erlauben es, das GST zwischen den beiden verschiedenen Zuständen umzuschalten. Mit dessen Kristallstruktur verändert sich auch die spektrale Durchlässigkeit des Materials.

Abb. 2: Ist die Folie auf Reflexion geschaltet, kommt kein Licht mehr durch. (Bild: Oxford U.)

Da die Farbigkeit der Legierung auch von der Dicke der GST-Schicht abhängt, besitzen die Forscher damit eine Stellschraube, an der sie drehen können, um eine möglichst breite Farbpalette anbieten zu können. Bei Schichtdicken zwischen etwa 50 bis 180 Nanometern konnten die Wissenschaftler eine ganze Reihe von Farben realisieren. Auch die Umschaltraten zwischen den verschiedenen Phasen von GST eignen sich hervorragend für eine Anwendung als Display: Mit Schaltdauern zwischen amorpher und kristalliner Phase von rund hundert Nanosekunden wären rein theoretisch Bildraten von zehn Megahertz möglich. Mit heutigen lithographischen Methoden sollte sich das Material auch im Submikrometerbereich bearbeiten lassen und somit extrem hohe Auflösungen erlauben.

Phasenübergangsmaterialien finden bereits Verwendung in Speichermedien, sei es in wiederbeschreibbaren optischen Medien oder elektrisch angesteuert als Permanentspeicher. Das neue Kompositmaterial eignet sich dank seiner geringen Dicke und seiner Flexibilität im Prinzip aber auch für „smarte“ Kontaktlinsen oder Retinaimplantate.

Abb. 3: Je nach Dicke und Phasenzustand nimmt die Folie verschiedene Farben an. (Bild: P. Hosseini et al.)

Noch stehen dem neuen Ansatz allerdings einige Hürden im Weg, die die Forscher überwinden müssen, bevor GST einen Platz im Displaymarkt einnehmen könnte. Einerseits müsste man das Kompositmaterial „verpixeln“, ohne seine optoelektronischen Eigenschaften zu stören. Außerdem decken die möglichen Farben noch nicht die ganze Palette ab. Auch verschieden abgestufte, kontrastreiche Grauwerte, wie sie vor allem bei elektronischen Büchern wichtig sind, lassen noch etwas zu wünschen übrig. Da die Kristallstruktur von GST bei Raumtemperatur aber sehr stabil ist, bleibt auch nach Ende der Energiezufuhr das letzte Bild noch längere Zeit erhalten. Damit könnte es gerade bei elektronischen Büchern für langen Lesespaß sorgen.

Dirk Eidemüller

OD

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