04.08.2020

Biosensor aus Graphenoxid

Neue Plattform könnte sich auch für Covid-19-Schnelltests eignen.

Besonders die aktuelle Lage der COVID-19-Pandemie zeigt, wie wichtig es ist, Infek­tionen schnell und genau zu erkennen, sodass weitere Ansteckungen verhindert werden. Für die Bestimmung von viralen oder bakteriellen Infektionen werden Diagnosen aktuell auf Basis von Symptomen aufgestellt. Hierbei können schnell Fehl­einschätzungen geschehen, bewirken doch einige Infektionen ähnliche Krankheits­verläufe. Bluttests geben zwar Gewissheit, werden jedoch erst auf Verordnung des Hausarztes in Laboren durchgeführt. Bis die Ergebnisse der Analyse eintreffen, wird oftmals schon ein möglicherweise nicht notwendiges Antibiotikum verordnet. Seit April 2018 arbeiten Forscher des Fraunhofer-Institut für Zuver­lässigkeit und Mikro­integration IZM in Berlin in dem Projekt Graph-POC an einer graphenoxid­basierten Sensor­plattform, die genau diese Heraus­forderungen bei der Diagnose von Infektionen lösen soll.

Abb.: Solche Bio­sensoren, die auf Graphen­oxid basieren, könnten...
Abb.: Solche Bio­sensoren, die auf Graphen­oxid basieren, könnten bakterielle und und virale Infek­tionen in nur 15 Minuten zu erkennen. (Bild: Fh.-IZM)

Nur ein Tropfen Blut oder Speichel ist notwendig, um eine exakte Analyse durchzuführen. Der Tropfen wird auf die Sensor­oberfläche gegeben, und binnen weniger Minuten erscheint ein über elektrische Signale vermitteltes Ergebnis – beim Hausarzt vor Ort. Langwierige Labor­untersuchungen des Blutes werden also durch einen Schnelltest ersetzt, der innerhalb von nur 15 Minuten Gewissheit bietet. Eine entsprechende Behand­lungsform oder passende Antibiotika könnten anschließend verschrieben werden. Auch bei einer schon durchgestandenen Infektion kann der Test auf eine Antikörper­erkennung ausgelegt werden. Um vorangegangene Infektionen mit dem Covid-19-Virus erkennen zu können und somit zum Beispiel Infektionswege nachweisen zu können, fokussieren sich die Forscher aktuell auf diese Anwendung. Während einer Infektion bildet der mensch­liche Körper bestimmte Moleküle oder Proteine aus, die Biomarker. Um diese zu erkennen, werden auf der Sensor­oberfläche der graphenoxid­basierten Plattform Fängermoleküle platziert. Ob eine Infektion vorhanden ist, wird dann anhand von Differenz­messungen zur Konzentration der Biomarker festgestellt. 

Die Besonderheit der Sensor­plattform ist das verwendete Material: Graphenoxid zeichnet sich besonders dadurch aus, dass es ein elektrisch leitfähiges und biokom­patibles Material ist und eine besonders zuverlässige Detektion zulässt. In der Mikro­elektronik wurde es bisher nur in seiner ursprüng­lichen 2D-Form verwendet. Die Forscher bringen es jedoch nun in einer 3D-Struktur in Form von Flocken auf. Diese dreidimensionale Form vergrößert die Messfläche und auch die Genauigkeit der Messungen. Manuel Bäuscher vom Fraunhofer IZM sieht große Perspektiven in den Graphen­oxid-Sensoren: „Vom aktuellen medizinischen Bereich können wir uns auch zum sogenannten Point of Need entwickeln, also hin zur Umwelt­technik und der Detektion von Umwelt­einflüssen. Erst einmal hat aber natürlich die Corona-Anwendung Priorität.“

Durch die 3D-Anordnung der Graphenoxid-Flocken und die daraus resul­tierende Empfind­lichkeit eröffnen sich auch weitere Anwendungen. So könnten beispiels­weise schädliche Gase wie Kohlenstoff­monoxid oder Aceton sogar bei Raum­temperatur erkannt werden. Für aktuelle Sensoren dieser Art müssen die Gase zunächst erhitzt werden, damit eine Oberflächenreaktion stattfinden kann. Durch die Verbindung der Metalloxide mit der sensitiven Oberfläche des Graphen-Sensors reagiert dieser aber bereits bei niedrigeren Temperaturen. Um den Herstellungs­prozess für die Massenproduktion zu skalieren, nehmen sich die Forscher einer weiteren Heraus­forderung an: Die Beschichtung mit Graphenoxid soll auf Wafer-Ebene passieren, sodass hunderte Chips auf einmal bearbeitet werden können. 

Bis die Schnelltests für die Anwendung bereit sind, müssen die graphenoxid­basierten Sensoren in einen Kunststoff-Träger eingebettet und die Zuverlässigkeit des Systems getestet werden. Regulär läuft das Projekt zwar bis zum Frühling 2021 in Hinblick auf die Detektion von Infektionen, jedoch rechnen die Forscher damit, dass eine Veri­fizierung des Sensors mit Bezug auf das Coronavirus erst in einem Jahr stattfinden kann. 

Fh.-IZM / JOL

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