16.08.2016

Bislang ältester Meeresboden im Mittelmeer entdeckt

Marine Erdkruste weist auf den Urozean Tethys hin – zerbrach Superkontinent Pangäa früher als gedacht?

Der bisher älteste Meeresboden vor den Küsten Japans wird auf ein Alter von etwa 200 Millionen Jahren geschätzt. Doch der Geologe Roi Granot von der Ben-Gurion-Universität in Israel hat nun im östlichen Mittelmeer eine bis zu 140 Millionen Jahre ältere marine Erdkruste entdeckt. Dieser Fund könnte für die Platten­tektonik eine große Bedeutung haben, da er auf ein deutlich früheres Zerbrechen des Super­kontinents Pangäa hinweist, wobei der Urozean Tethys entstanden ist.

Abb.: Entstehung des Tethysmeeres, dem Vorläufer des Mittelmeeres, beim Zerbrechen des Superkontinents Pangäa vor vermutlich 340 Millionen Jahren (Bild: R. Granot)

„Mit der Entdeckung können wir die geologischen Prozesse in dieser Region deutlich besser verstehen“, sagt Roi Granot. Für seine Zeit­bestimmung nahm er zwischen 2012 und 2014 auf insgesamt vier Expeditionen mit einem Forschungs­schiff magnetische Krusten­profile im Herodot-Becken zwischen Ägypten und der Türkei aus. Mit empfindlichen Magnetometern, die eine Genauigkeit von bis zu einem Nanotesla erreichten, nahm er die magnetischen Muster über eine Strecke von 7000 Kilometern auf. Auf einem 250 Kilometer langem Abschnitt erkannte er streifen­förmige, magnetische Anomalien in der Größenordnung von einhundert Nanotesla.

Diese Magnetstreifenmuster dienten dem Forscher als eine Art Zeit­stempel für die Entstehungs­zeit der Ozean­kruste. Denn immer wenn an mittel­ozeanischen Rücken flüssiges Gestein austritt, prägt sich in das erstarrende Material die damals vorherrschende Ausrichtung des sich stetig ändernden Erd­magnet­felds ein. Verknüpft mit dem Wissen über die Nord­drift des Afrikanischen Kontinents konnte Granot das Alter der Ozean­kruste im Herodot-Becken auf etwa 340 Millionen Jahre datieren. Das ist insoweit sehr ungewöhnlich, da der relativ schwere, ozeanische Meeres­boden beim Auftreffen auf leichtere kontinentale Platten meist binnen 200 Millionen Jahren in Subduktions­zonen unter diesen abtaucht und wieder aufgeschmolzen wird.

Abb.: Empfindliche Magnetometer, die hinter Expeditionsschiffen hergezogen werden und dabei die magnetische Struktur des Meeresbodens vermessen. (Bild: R. Granot)

Dieser bislang älteste bekannte Meeresboden existierte damit schon lange, bevor sich der Atlantik oder der Indische Ozean bilden konnten. Granot vermutet, dass es sich um ein Überbleibsel des urzeitlichen Tethys­meeres handeln könnte, das sich beim Auseinander­brechen des Urkontinents Pangäa zwischen Laurasia und Gondwana, den Vorläufern der heutigen Kontinente, öffnete. Mit der neuen Datierung von Granot vollzog sich dieser platten­tektonischer Prozess offenbar 50 Millionen Jahre früher als bisher angenommen.

So wird die Entdeckung von Roi Granot zu intensiven Diskussionen unter Geo­wissenschaftlern führen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass weitere Messungen folgen werden. Denn die zehn bis fünfzehn Kilometer dicken Sediment­schichten auf dem urzeitlichen Ozean­boden machen es schwer, die magnetischen Streifen­muster eindeutig zu interpretieren.

Nicht nur für die Entstehungs­geschichte der Kontinente hat Granots Entdeckung eine große Bedeutung. Denn die alte und relativ dicke Ozeankruste im Herodot-Becken trifft an seinem östlichen Rand auf die deutlich dünnere Kruste im Levante-Becken. Geophysiker gehen davon aus, dass diese Kombination wesentlich für die hohe Erdbeben­aktivität in dieser Mittel­meer­region verantwortlich zeichnet.

Jan Oliver Löfken

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