01.09.2011

Bizarre Lichtbrechung bei flachen Spiegeln

Nanostrukturen in der Grenzschicht führen zu neuen optischen Regeln.

Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel: Diese einfache Regel für die Reflexion von Lichtwellen hat ihre Grenzen. Denn enthält die Oberfläche eines Spiegels symmetrisch angeordnete Nanostrukturen, kommt es zu bizarren, optischen Phänomenen. Amerikanische Physiker beobachteten Verzerrungseffekte bei eigentlich flachen Reflektorflächen und konnten die einfachen Brechungsregeln um wichtige Terme erweitern. Ihre aktuelle Studie könnte so zu Methoden führen, wie sich Länge, Phase und Polarisation einer Lichtwelle mit nanostruktuierten Oberflächen gezielt kontrollieren ließen.

Abb.: Eine nanostruktuierte Spiegelfläche reflektiert einfallendes Licht in nahezu beliebigen Mustern. (Oben: Fotografien, unten: Simulation; Bild: Nanfang Yu)

„Unsere Entdeckung eröffnet der Optik ein neues Feld mit aufregenden Entwicklungsmöglichkeiten in der Licht-Technologie“, sagt Federico Capasso von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. Zusammen mit seinen Kollegen lagerte er Nanometer kleine Goldpartikel in einen polierten Spiegel aus Silizium ein. Diese Teilchen wirkten auf Lichtwellen wie kleine Resonatoren, speicherten die Energie des Lichts für kurze Zeit und setzten darauf wieder veränderte Lichtwellen aus. All das geschah, bevor das Licht auf den eigentlichen Silizium-Spiegel auftraf. Die Folge: Beim Übergang aus der Luft wurden Lichtwellen zweimal gebrochen und reflektiert statt nur einmal wie bei einem konventionellen Spiegel ohne Nanostrukturen.

Abb.: Der planare Zerrspiegel verunstaltet die Reflexion des Teams (v. l. i. Uhrzeigersinn: Patrice Genevet, Nanfang Yu, Federico Capasso, Zeno Gaburro, und Mikhail A. Kats. Bild: Eliza Grinnell, N.-F. Yu)

In ihrer Teststruktur zeigten die Lichtwellen an der Grenzfläche Luft-Silizium eine abrupte Phasen-Diskontinuität. Die nanoskaligen Goldantennen brachen dabei die Lichtwellen, bevor diese bis zum Silizium gelangten. Es entstand ein drittes, optisch aktives Zwischenmedium. Capasso und Kollegen erweiterten zur Beschreibung dieses Verhaltens die klassischen Formeln für Lichtbrechung- und reflexion nach dem Fermat’schen Prinzip. Für glatte Grenzflächen ohne jede Nanostruktur ergeben diese neuen Gleichungen die altbekannten Ergebnisse.

Die verbesserten Regeln für die Lichtbrechung zeigten, dass sich Licht viel umfassender kontrollieren lässt als bisher angenommen. Je nach Struktur der winzigen Strukturen in der Spiegelfläche könnte nicht nur der Reflexionswinkel in viele Richtungen verändert, sondern auch die Farbe, Intensität und Polarisation der Lichtwellen beeinflusst werden. Um die Gleichungen im Experiment zu überprüfen, gelang es den Forschern beispielsweise, eben einfallende Lichtwellen in spiralförmige Strahlen reflektieren zu lassen.

Abb.: Fällt ein Lichtstrahl senkrecht von unten auf die unterschiedlich gestalteten Nanoresonatoren, halten die linken die Energie länger fest. Die auslaufenden Wellenfronten sind deshalb geneigt (Bsp.: rote Linie; Bild: Nanfang Yu)

„Man kann auch eine negative Brechung kreieren“, sagt Teammitglied Zeno Gaburro. Damit zeigten sich die Parallelen dieser Versuche mit den zahlreichen Studien zu Metamaterialien. Auch bei diesen sind symmetrisch angeordnete Strukturen im Mikro- und Nanometerbereich verantwortlich für in der Natur nicht zu beobachtende Brechungseffekte. So könnten die erweiterten Gleichungen für die Ausbreitung von Licht auch Berechnungen für Tarnkappen-Effekte erleichtern.

Capasso und Kollegen haben sich mit ihren nanostrukturierten Spiegelflächen jedoch andere Ziele gesetzt. So halten sie vollkommen flache Linsen in Kamera-Objektiven für möglich, die das einfallende Licht ohne Verzerrungen fokussieren könnten. Auch für die Entwicklung schneller und leistungsstarker Photonik-Chips könnten die Reflektoren mit nanoskaliger Oberfläche neue Möglichkeiten der Lichtkontrolle eröffnen.

Jan Oliver Löfken

OD

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