08.01.2019

Blick durchs Wasserfenster

Absorptionsspektren von organischen Molekülen in wässriger Lösung dank neuer Lasertechnik.

Die Röntgenspektroskopie bietet einen direkten Einblick in die Natur chemischer Bindungen und den Verlauf chemischer Reaktionen. Momentan gibt es intensive Anstrengungen bei der Weiter­entwicklung der Röntgen­quellen und der Implementierung neuer Mess­methoden. Forscher am Max-Born-Institut (MBI) haben nun erfolgreich Absorptions­spektroskopie im Wasser­fenster demonstriert, indem sie eine laser­basierte Strahlungs­quelle von ultra­kurzen Röntgen­pulsen mit einer neu­artigen Technologie zur Erzeugung eines Dünn­schicht-Flüssigkeits­strahls kombinierten. Damit wird erst­mals die gleich­zeitige Unter­suchung von Kohlen­stoff und Stick­stoff in organischen Molekülen in wässriger Lösung möglich.

Abb.: Dünnschicht-Flüssigkeitsstrahl (in Wasser gelöster Harn­stoff),...
Abb.: Dünnschicht-Flüssigkeitsstrahl (in Wasser gelöster Harn­stoff), beleuchtet mit ultra­kurzen Röntgen­pulsen (Bild: MBI)

Die Röntgenabsorptions­spektroskopie (XAS), die unbesetzte Orbitale element­spezifisch unter­sucht, erlaubt die Bestimmung der elektronischen Struktur von Molekülen. Für die meisten organischen Moleküle ist der weiche Röntgen­spektral­bereich (100 bis 1000 eV) relevant, da dort K-Kanten­übergänge von leichten Elementen (C, N und O) und die L-Kanten von 3D-Metallen zu finden sind. XAS wird typischer­weise an Groß­forschungs­anlagen wie Speicher­ringen oder Freie-Elektronen-Lasern durch­geführt. Laser­basierte Labor­quellen wurden bisher nur spärlich zur Unter­suchung reiner Materialien, wie z.B. Metalle und organische Schichten, eingesetzt. Bisher waren keine Unter­suchungen der Kohlen­stoff- oder Stickstoff-K-Kanten von organischen Molekülen in verdünnter wässriger Lösung verfügbar.

Das Forschungsteam am MBI hat nun eine intensive Strahlungs­quelle für weiche Femto­sekunden-Röntgen­pulse entwickelt, die in einem extrem nicht­linearen Prozess (HHG) die Frequenz eines Laser­pulses ver­vielfacht. Dabei werden aus lang­welligen (1,8 µm) Treiber­pulsen mit Photon­energien von 0,69 eV, die mit einem verstärkten Titan-Saphir-Laser­system erzeugt wurden, Frequenzen erzeugt, die über 600 mal höher liegen und sich bis zu 450 eV erstrecken. Die Forscher haben diese Quelle mit dem Dünn­schicht-Flüssig­keits­strahl kombiniert, der auch unter Vakuum­bedingungen voll funktions­fähig ist. Stationäre Absorptions­spektren von organischen Molekülen und anorganischen Salzen in einer rund ein Mikrometer dünnen Schicht wässriger Lösung können nun im gesamten Wasser­fenster­bereich, d.h. zwischen 200 und 540 eV, gemessen werden. Insbesondere ermöglicht diese Technik die gleich­zeitige lokale Unter­suchung an Kohlen­stoff- und Stick­stoff­atomen innerhalb der Moleküle. Damit demonstriert das Forschungs­team, dass eine gleich­zeitige Beobachtung mehrerer Positionen innerhalb molekularer Systeme möglich ist und ein Zugang zu korrelierten Dynamiken während molekularer Re­konfigurationen eröffnet wird.

Die Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur systematischen Unter­suchung ultra­schneller Dynamik molekularer Systeme in Lösung mit der Femto­sekunden-Weichen-Röntgen­spektro­skopie dar. Neue Erkenntnisse über ultra­schnelle Ladungs­transport­prozesse und photo­induzierte Um­ordnungen in Chemie und Biologie rücken in greif­bare Nähe.

FVB / DE

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