20.11.2020 • AstronomieAstrophysik

Blick in die galaktische Geschichte

Umlaufbahnen von Doppelsternen sind eine Folge der zeitlichen Entwicklung der Milchstraße.

Doppelsternsysteme, die aus einem heißen, blauen Zwerg­stern und einem sonnen­ähn­lichen Stern bestehen, können den Astronomen einen Einblick in die Geschichte der Milch­straße liefern. Das zeigt die Studie eines Forscher­trios aus Deutsch­land, Schweden und Chile. „Die Umlauf­bahnen der Doppel­sterne zeigen einen starken Zusammen­hang zwischen den Umlauf­perioden und Stern­massen, der mit bekannten Modellen stellarer Wechsel­wirkungen nur sehr schwer zu erklären ist“, sagt der Joris Vos von der Uni Potsdam. „Wir haben heraus­ge­funden, dass sich die Umlauf­bahnen der von uns unter­suchten Doppel­stern­systeme direkt aus der zeit­lichen Entwick­lung der Galaxis ergeben.“

Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des Massen­ver­lustes eines roten...
Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung des Massen­ver­lustes eines roten Riesen­sterns auf­grund der An­ziehungs­kraft seines sonnen­ähn­lichen Begleiters. (Bild: J. Vos, U. Potsdam)

Die blauen Zwergsterne dieser Paare – von den Astro­physikern als Unter­zwerge bezeichnet – sind Kerne von roten Riesen­sternen, die Helium verbrennen und ihre äußeren Schichten auf­grund der Gravita­tions­kraft ihrer sonnen­ähn­lichen Begleiter verloren haben.

Zur Zeit der Entstehung der Milch­straße enthielten ihre Sterne nur sehr wenig Eisen. Je später die Sterne entstanden sind, desto mehr Eisen enthalten sie. Der Unter­schied im Eisen­gehalt führt dazu, dass rote Riesen­sterne, genau wie ihre Umlauf­bahnen, um bis zu dreißig Prozent größer werden. Die Umlauf­perioden der Doppel­sterne lassen sich daher durch ein kombi­niertes Modell der Stern­wechsel­wirkungen und der zeit­lichen Entwick­lung der Eisen­menge in der Milch­straße erklären.

„Wir haben zum ersten Mal gezeigt, dass es eine wahr­nehm­bare Verbindung zwischen der chemischen Geschichte unserer Galaxis und Beob­ach­tungen sowie Model­lierung von entwickelten Doppel­sternen gibt“, so Vos.

Sowohl Universität Potsdam als auch die Lund University, an der mit Alexey Bobrick ein weiteres Mitglied des Trios tätig ist, sind an der 4MOST-Studie der ESO beteiligt, die Spektren, Zusammen­setzungen und Alter von zwanzig Millionen Sternen liefern wird. Die Lund University wirkt ferner an der Gaia-Mission der ESA mit, die die Positionen von mehr als zwei Milliarden Sternen in der Galaxie kartiert hat.

„Wir erwarten, dass diese neuen detail­lierten Modelle der Entwicklung unserer Milch­straße genutzt werden, um Vorher­sagen zu den darin enthaltenen Doppel­stern­systemen zu machen“, erklärt Vos. „Diese wiederum sollten mit den Beob­ach­tungen von Doppel­sternen in Verbindung gebracht werden. Schließlich wollen wir der Gemein­schaft zeigen, dass viele neue Infor­ma­tionen durch eine inter­diszi­pli­närere Kommuni­kation zwischen den verschiedenen Bereichen der Astronomie gewonnen werden können.“

U. Potsdam / RK

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