23.11.2015

Blick in die innere Struktur eines Zahns

Neues Röntgenverfahren nutzt Streuung, um Nanostrukturen darzustellen.

Sowohl in der Materialforschung als auch in der biomedizinischen Forschung ist es wichtig, selbst kleinste Nanostrukturen zum Beispiel in Knochen oder Kohlefaserwerkstoffen darzustellen. Ein Team der Technischen Universität München (TUM), der Universität Lund, der Charité Berlin und des Paul Scherrer Instituts (PSI) haben jetzt ein neues ­Com­pu­te­rto­mo­gra­phie­ver­fah­ren­ entwickelt, das nicht die Absorption, sondern die Streuung von Röntgenstrahlen nutzt. Mit dieser Methode lassen sich erstmals Nanostrukturen in millimetergroßen Objekten dargestellen. Die Forscher machten damit die dreidimensionale Struktur von Kollagenfasern in einem Stück menschlichen Zahn sichtbar.

Abb.: Darstellung der Orientierung der Kollagenfasern innerhalb einer Zahnprobe. (Bild: F. Schaff et al. / Nature)

Grundsätzlich existiert die Röntgen-Computertomographie bereits seit den Sechzigerjahren: ein Objekt wird aus verschiedenen Richtungen mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und ein Computer generiert aus diesen Einzelbildern ein dreidimensionales Bild des Objekts. Hierbei kommt die unterschiedliche Absorption von Röntgenstrahlen in verschiedenen Materialien als Kontrast zur Verwendung.

Der Vorteil von Röntgenstrahlen gegenüber sichtbarem Licht, ist die Möglichkeit, Material zu durchdringen und so detaillierte Informationen aus dem Inneren von Objekten zu liefern. Die Forscher haben diese dreidimensionale Streuinformation jetzt mit der Computertomographie (CT) kombiniert.

Das konventionelle Tomographieverfahren errechnet für jeden dreidimensionalen Bildpunkt innerhalb eines Objektes, einem sogenannten Voxel, genau einen Wert. Das neu entwickelte Verfahren erlaubt es, jedem Voxel eine Vielzahl von Werten zuzuordnen, da das Streulicht aus unterschiedlichen Richtungen kommt.

„Durch diese zusätzliche Information können wir erheblich mehr über die Nanostruktur eines Objektes lernen, als mit herkömmlichen Tomographieverfahren. Über die indirekte Messung der Streuung lassen sich jetzt auch sehr kleine Strukturen darstellen, die vorher zu klein für eine direkte räumliche Auflösung waren“, erklärt Franz Pfeiffer, Professor am Lehrstuhl für Biomedizinische Physik der TU München.

Für Demonstrationszwecke untersuchten die Wissenschaftler ein rund drei Millimeter großes Stück eines menschlichen Zahns. Menschliche Zähne bestehen zu einem Großteil aus dem Stoff Dentin. Dieser setzt sich wesentlich aus mineralisierten Kollagenfasern zusammen, deren Struktur hauptverantwortlich für die mechanischen Eigenschaften des Zahns ist. Die Wissenschaftler konnten dieses winzige Fasergeflecht jetzt sichtbar machen.

Insgesamt entstanden annähernd 1,4 Millionen Streubilder, bei denen die Röntgenstrahlung aus unterschiedlichen Richtungen kam. Die einzelnen Streubilder verarbeitete anschließend ein eigens entwickelter Algorithmus, um schrittweise eine komplette Rekonstruktion der dreidimensionalen Streuverteilung zu erstellen. Dieser Algorithmus suchte für jeden Punkt im Inneren der Probe die Struktur, die am besten den gemessenen Daten entsprach. Dabei nutzten die Forscher den Umstand aus, dass sie von einer gewissen Symmetrie bei der Anordnung der Kollagenfibrillen im Knochen ausgehen konnten und reduzierten dadurch ihre Daten auf ein berechenbares Maß. Dennoch blieben 2,2 Millionen Parameter. Diese wurden per Computerprogramm optimiert, bis die Forscher das Bild der Probe erhielten, das die Messung am besten erklärte.

Somit konnte erstmals die dreidimensionale Orientierung der Kollagenfasern innerhalb einer Probe dieser Größe klar dargestellt werden. Die Ergebnisse sind in Einklang mit dem bisherigen, aus dünnen Schnitten gewonnenen Wissen über die untersuchten Strukturen. „Für große Objekte eignet sich nach wie vor ein hochentwickeltes CT-Verfahren besser. Die Darstellung von Strukturen im Nanometerbereich in millimetergroßen Objekten ist aber erst durch unsere neue Methode in dieser Präzision möglich“, erklärt Florian Schaff, Erstautor der Publikation.

TUM / PSI/PH

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