Blick in ein Majorana-Fermion
Exotische Teilchen gelten als Kandidaten für zukünftige Quantencomputer.
Majorana-Fermionen gelten als Teilchen, mit denen sich möglicherweise die Informationseinheiten eines Quantencomputers realisieren lassen. Physiker vom Swiss Nanoscience Institute und Departement Physik der Universität Basel konnten im Experiment die Theorie bestätigen, dass am Ende von Drähten aus einzelnen Eisenatomen auf einem Supraleiter Majorana-Fermionen erzeugt und gemessen werden können. Den Forschern gelang es zudem, die Welleneigenschaften der Majorans zu beobachten und somit zum ersten Mal das Innere eines Majoranas sichtbar zu machen.
Abb.: Rasterkraftmikroskopische Aufnahme des Endes eines mono-atomaren Eisendrahtes. Deutlich zu sehen sind die einzelnen Eisenatome und am Ende das „Auge“ der Majorana-Fermionen (Bild: U Basel)
Vor rund 75 Jahren vermutete der italienische Physiker Ettore Majorana die Existenz von exotischen Teilchen, die gleich ihrem eigenen Antiteilchen sind. Das Interesse an diesen Majorana-Fermionen ist seither enorm gestiegen, da sie bei der Realisierung eines Quantencomputers eine Rolle spielen könnten. Theoretisch sind die Majoranas bereits recht gut beschrieben. Ihr experimenteller Nachweis und ihre Untersuchung gestalten sich jedoch schwierig, da sie immer in Paaren vorkommen müssen, aber dann meistens zu einem normalen Elektron vereint sind. Es braucht daher sehr ausgeklügelte Kombinationen und Anordnungen von verschiedenen Materialien, um zwei Majoranas zu erzeugen und auf Abstand zu halten.
Basierend auf Vorhersagen und Berechnungen der theoretischen Physiker Jelena Klinovaja und Daniel Loss hat nun die Gruppe um Ernst Meyer Zustände experimentell gemessen, die Majoranas entsprechen. Die Forscher haben dazu auf einem Supraleiter aus Blei einzelne Eisenatome mit Spin aufgedampft, die sich aufgrund der reihenförmigen Struktur der Bleiatome zu einem winzigen Draht bestehend aus einer Reihe einzelner Atome anordnen. Die Drähte erreichten dabei eine erstaunliche Länge von bis zu 70 Nanometern. Die Forscher untersuchten diese mono-atomaren Nanodrähte mithilfe von Rastertunnelmikroskopie und erstmals auch mit einem Rasterkraftmikroskop. Anhand der Aufnahmen und Messungen fanden sie unter bestimmten Bedingungen und ab einer bestimmten Drahtlänge an den Enden der Drähte klare Hinweise auf das Vorhandensein von einzelnen Majorana-Fermionen.
Die beiden Majoranas an den Drahtenden sind dabei trotz ihrer räumlichen Trennung miteinander verbunden. Dadurch bilden sie gemeinsam einen neuen über den ganzen Draht ausgedehnten Zustand, der entweder durch ein Elektron besetzt oder nicht besetzt sein kann. Diese binäre Eigenschaft kann dann als Basis für ein Quanten-Bit dienen und macht die Majoranas, die zudem sehr robust gegen etliche Umwelteinflüsse sind, zu vielversprechenden Kandidaten für die Realisierung eines zukünftigen Quantencomputers.
Die Basler Forscher haben nicht nur gezeigt, dass sich an den Enden des Eisendrahtes einzelne Majoranas erzeugen und messen lassen. Wie sie zudem berechnet hatten, konnten sie erstmals experimentell belegen, dass die Majoranas eine Ausdehnung mit innerer Struktur aufweisen. Über einen Bereich von einigen Nanometern zeigten sie in den Messungen die erwartete Wellenfunktion mit charakteristischen Oszillationen und zweifachen Zerfallslängen, die nun zum ersten Mal deutlich sichtbar gemacht wurden.
U Basel / JOL