14.12.2015

Blick in organische Halbleiter

Überraschender Befund: Misch-Kristallite übernehmen Rolle der Dotier-Moleküle.

Bislang ist wenig darüber bekannt, wie sich Dotier-Moleküle strukturell in organische Halbleiter integrieren. Ein Team der Humboldt-Universität zu Berlin und des Helmholtz-Zentrums Berlin hat nun mit BESSY II einen Blick in das Innere von organischen Halbleitern geworfen – mit über­raschenden Ergebnissen: Die Moleküle verteilen sich nicht gleich­mäßig im Wirts­gitter, sondern bilden Ko-Kristallite mit dem Wirts­material. Der dotierte organische Halbleiter besteht damit aus einer Matrix von Original-Kristalliten, in die Misch-Kristallite einge­bettet sind. Diese Misch-Kristallite übernehmen die Rolle der Dotier-Moleküle.

Abb.: Die Röntgenstreuung zeigt links bei reinem 4T (oben) und P3HT (unten) die typischen Reflexe des Wirtsgitters. Bei den stark dotierten Materialien tauchen grundlegend andere Reflexe auf, die das Vorhandensein von Ko-Kristallite belegen. (Bild: HZB)

Die moderne Halbleitertechnologie basiert auf Silizium, einem anorganischen Halbleiter­material, das für den Einsatz in elektronischen Bauelementen mit Fremd­atomen dotiert wird. Doch auch organische Fest­körper aus konju­gierten Molekülen oder Polymeren besitzen halbleitende Eigen­schaften, die Anwendungen in der organischen Elektronik ermöglichen. So lassen sich zum Beispiel Oligothiophen (4T) und Polythiophen (P3HT), zwei typische organische Halbleiter, mit einer zweiten Molekül­sorte, einem starken Elektronen­akzeptor (F4TCNQ), dotieren und dadurch gezielt hinsichtlich ihrer Leit­fähigkeit beein­flussen. Wie sich allerdings diese Gast­moleküle in das Wirts­gitter der organischen Halbleiter strukturell integrieren, war bislang kaum bekannt. Daher wurde, in Analogie zu anorganischen Halbleitern, bisher stets eine homogene Verteilung voraus­gesetzt.

Das internationales Team konnte nun zeigen, dass dies weder für Oligo­thiophen noch Poly­thiophen der Fall ist. Die Gruppe um Ingo Salzmann und Norbert Koch hatte zuvor bereits an anderen Systemen experimentell und theoretisch analysiert, wie sich die Dotierung von organischen Halbleitern auf deren elektronische Struktur und damit deren Leit­fähigkeit auswirkt. Daraus ergaben sich Hinweise auf Besonder­heiten dieser Material­klasse, bei denen die Hybridi­sierung der Molekül­orbitale eine Schlüssel­rolle spielt. Deshalb stellten sie nun eine Serie von verschieden stark dotierten organischen Dünn­schichten her und untersuchten diese Proben mit Röntgen­beugung an der KMC-2-Beamline. Dadurch konnten sie die kristalline Struktur in Abhängigkeit von der Stärke der Dotierung präzise bestimmen.

Ihre Ergebnisse zeigten sowohl für 4T als auch für P3HT, dass sich die Gast­moleküle keineswegs gleichmäßig in das Wirtsgitter des organischen Halbleiters einbauen. In der reinen kristallinen Wirts­matrix bildet sich statt­dessen eine zweite kristalline Phase aus Wirt/Gast-Ko-Kristalliten. Diese Ko-Kristalle übernehmen nun anstelle des eigentlichen Dotier­moleküls die Rolle des Dotanden. „Es ist wichtig, die grundlegenden Prozesse bei der Dotierung organischer Halbleiter genauer zu verstehen“, erklärt Salzmann. „Wenn wir solche Materialien erfolgreich in Anwendungen einsetzen möchten, müssen wir ihre elektronischen Eigen­schaften genauso präzise kontrollieren können, wie es bei anorganischen Halbleitern heute selbstver­ständlich ist.“

HZB / RK

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