01.07.2013

Bohr ey!

Das Bohrsche Atommodell wird 100, gehört aber längst noch nicht zum alten Eisen.

Das Atommodell, das der damals 28-jährige Niels Bohr im Jahr 1913 in drei Artikeln „Über die Konstitution von Atomen und Molekülen“ vorstellte, gilt heute meist nur noch als didaktisch wertvolle Zwischenstation auf dem Weg zur modernen Quantenmechanik. Und dass Elektronen nicht planetengleich um die Atomkerne kreisen, ist längst ausgemachte Sache. Doch zwei Artikel in der Juli-Ausgabe des Physik Journals erlauben neue Einblicke in die Geschichte und die Nützlichkeit des Bohrschen Atommodells und zeigen: Ein genauerer Blick darauf lohnt sich auch heute noch.

Im „Manchester Memorandum“ skizzierte Niels Bohr im Juli 1912 für Ernest Rutherford erstmals seine Modelle für Atome und Moleküle, die er ein Jahr später in ausgearbeiteter Form im „Philosophical Magazine“ veröffentlichte. (Bild: N. Bohr, Collected Works, Bd. 2, S. 150-153)

Wie der Wissenschaftshistoriker Arne Schirrmacher in der Juli-Ausgabe beschreibt, war eine realistische Sichtweise des Bohrschen Modells zunächst gar nicht so abwegig. Arnold Sommerfeld, der das Modell auf vielfältige Weise erweiterte, nutzte die Vorstellung eines atomaren Planetensystems immerhin so lange, wie sie sich als fruchtbar erwies.

Peter Debye, der zeigen konnte, dass die „Planetensystem-Hypothese vollständig ausreicht, um das ganze optische Verhalten des Wasserstoffs zu erklären“, stützte sich auf die Realität der Elektronenringe und verfolgte die Idee einer „Ultramikroskopie des Atominneren“, die darauf beruhte, Laues Röntgenstrahlinterferenz-Experimente an Kristallen auf regellos orientierte Bohr-Atome zu übertragen. Die Experimente, die Debye zusammen mit Paul Scherrer durchführte, machten zwar keine atomaren Planetensysteme sichtbar, ermöglichten aber ein neues Verfahren zur Strukturanalyse (Debye-Scherrer-Verfahren).

Eine gewisse Ernüchterung brachte die Erkenntnis, dass die alte Quantentheorie, wie sie Niels Bohr 1913 vorgestellt hat, schon bei der Anwendung auf Systeme mit wenigen Elektronen versagt. Doch vor wenigen Jahren konnten der Chemie-Nobelpreisträger Dudley Herschbach und Marlan Scully, einer der Pioniere der theoretischen Quantenoptik, zeigen, wie Bohrs Modell – mit geringfügigen Erweiterungen – überraschend genau die Potentialkurven des Wasserstoffmoleküls sowie von anderen Molekülen vorhersagen kann.

Bei Betrachtung von asymmetrischen Elektronenkonfigurationen und der aus der Quantenchromodynamik bekannten Dimensionsskalierung, liefert das Bohr-Modell aufschlussreiche Einblicke in die Struktur von Atomen mit mehreren Elektronen. Davon berichten Herschbach und Scully zusammen mit ihrem Kollegen Anatoly Svidzinsky im Artikel „Bohrs Comeback“.

Niels Bohr wurde mit seinem Atom-Modell zu einem weltberühmten Physiker, der große Achtung genoss. Als beispielsweise Lew Landau einmal gefragt wurde, ob er ein Genie sei, soll er geantwortet haben: „Nein, ich bin sehr talentiert. ‚Genie‘ ist für Leute wie Bohr und Einstein reserviert.“

Eine oft sehr persönliche Perspektive auf Leben und Werk von Niels Bohr bieten Artikel in den „Physikalischen Blättern“ (Links siehe unten), in denen unter anderem Georg Gamov, Pascual Jordan, Carl Friedrich von Weizsäcker oder John Archibald Wheeler ihren großen Kollegen zu verschiedenen Anlässen würdigten.

Physik Journal / Alexander Pawlak

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