25.11.2010

Bose-Einstein-Kondensat aus Licht

Forscher lassen in einem farbstoffgefüllten Resonator Photonen kondensieren.

Forscher lassen in einem farbstoffgefüllten Resonator Photonen kondensieren.

Bei der Bose-Einstein-Kondensation sammelt sich eine makroskopische Zahl von Bosonen, also Teilchen mit ganzzahligem Spin, im quantenmechanischen Grundzustand. Bose-Einstein-Kondensate hat man bisher u. a. aus ultrakalten atomaren Gasen in magnetischen Fallen und aus Quasiteilchen in Festkörpern hergestellt – jedoch nicht aus Photonen. Kühlt man ein Photonengas in einem Hohlraum ab, um es zu kondensieren, so verschwinden die Photonen kurzerhand, weil sie absorbiert werden. Da die Zahl der Photonen nicht erhalten bleibt, entsteht auch kein Kondensat. Mit einem Trick haben Forscher an der Universität Bonn jetzt trotzdem ein Bose-Einstein-Kondensat aus Photonen hergestellt.

Abb.: Wenn das zweidimensionale Photonengas ein Bose-Einstein-Kondensat bildet, entsteht über dem diffusen thermischen Strahlungshintergrund ein scharfer und intensiver Lichtfleck. (Bild: Jan Klaers et al., Nature)

Martin Weitz und seine Kollegen haben ein Photonengas in einem Hohlraum zwischen zwei konvexen Spiegeln eingeschlossen. Eine Farbstofflösung, die Zimmertemperatur hatte und den Hohlraum ausfüllte, brachte das Photonengas ins thermische Gleichgewicht, indem es die Photonen absorbierte und emittierte. Damit ein photonisches Bose-Einstein-Kondensat entstehen konnte, musste die Photonenzahl erhalten bleiben, so als wären die Photonen materielle Teilchen mit einer Ruhemasse. Dazu brachten die Forscher die beiden Spiegel auf einen sehr geringen Abstand von 1,46 µm, sodass aufeinanderfolgende longitudinale Schwingungsmoden des Lichtes einen sehr großen Frequenzabstand hatten. Die Energieunterschiede der longitudinalen Moden waren deshalb viel größer als die thermische Energie bei Zimmertemperatur.

Wurde nun eine der longitudinalen Moden mit einem Laser angeregt (die Forscher nahmen die 7. Mode bei etwa 510 THz), so hatten die Photonen eine sehr große Wellenzahl kz in longitudinaler Richtung, während ihre Wellenzahl kr in transversaler Richtung keiner Einschränkung unterlag und deshalb beliebig klein sein konnte. Der Farbstoff war so gewählt worden, dass er diese Photonen zwar absorbieren konnte, dann aber Photonen mit demselben kz wieder emittieren musste. Durch An- oder Abregung von internen Schwingungs- und Rotationszuständen, deren Energie mit der thermischen Energie vergleichbar war, konnten die Farbstoffmoleküle nur die transversale Wellenzahl kr der Photonen ändern und ins thermische Gleichgewicht bringen.

Da die longitudinale Wellenzahl kz gewissermaßen „eingefroren“ war, bildeten die Photonen in der transversalen k-Ebene ein zweidimensionales Gas von Teilchen mit einer Minimalenergie hkzc/(2π) und somit einer effektiven Ruhemasse hkz/(c2π), die ca. 10-32 Gramm betrug. Die Dispersionsrelation der zweidimensionalen Photonen lautete E(k) = hc(kz2+kr2)1/2/(2π), d. h. sie war nicht linear in kr sondern quadratisch, wie es sich für ein massives Teilchen gehört. Für dieses Gas von „massiven“ Photonen mit Zimmertemperatur berechneten die Forscher nun die kritische Dichte, bei der sich ein Bose-Einstein-Kondensat bilden sollte. Sie lag vor wenn der Hohlraum etwa 77.000 Photonen enthielt.

Mit dem Laser wurde der Farbstoff kontinuierlich „gepumpt“, um die Photonen zu ersetzen, die aus dem Hohlraum entwichen oder von den Spiegeln absorbiert worden waren. Einer der Spiegel war teildurchlässig, sodass die Forscher die spektrale und räumliche Verteilung des Photonengases im Hohlraum analysieren konnten. Erhöhten sie langsam die Laserintensität und damit die Zahl der Photonen im Hohlraum, so entwickelte das zunächst strukturlose Spektrum ein ausgeprägtes und scharfes Maximum bei der Wellenzahl kz. Demnach hatten bis zu 30% der Photonen eine verschwindende transversale Wellenzahl kr=0 und bildeten ein Bose-Einstein-Kondensat. Die Photonenzahl, bei der der Übergang tatsächlich stattfand, betrug etwa 63.000.

Auch an der räumlichen Intensitätsverteilung des durch den Spiegel kommenden Lichtes ließ sich die Entstehung des Kondensats verfolgen. Bei zunehmender Laserintensität war ein anfangs diffuser Lichtfleck auf der Hohlraumachse zu erkennen, der immer schärfer wurde und schließlich das vom thermischen Photonengas herrührende Licht überstrahlte. Als die Forscher den Farbstoff etwas abseits von der Hohlraumachse pumpten, lag zunächst auch der diffuse Lichtfleck abseits der Achse. Sobald sich aber ein Kondensat gebildet hatte, befand sich wieder ein scharfer Lichtfleck genau auf der Achse, wie man es für kr=0 erwarten würde. 

Das photonische Bose-Einstein-Kondensat ist eine Lichtquelle, die sich im Gegensatz zu einem Laser im thermischen Gleichgewicht befindet. Mit ihr lassen sich neuartige Lichtzustände herstellen, deren Wellenlänge man durch Änderung der Spiegelabstände variieren kann.

RAINER SCHARF


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