Bose-Einstein-Kondensat in freiem Fall
Interferenzfähigkeit von BECs im Bremer Fallturm nachgewiesen.
Die im Rahmen des Projekts QUANTUS – Quantengase unter Schwerelosigkeit – erzielten Ergebnisse dürfen als großer Fortschritt auf dem Gebiet der Atom-Interferometrie gelten. Sie liefern nämlich zum ersten Mal den Nachweis, dass Bose-Einstein-Kondensate unter den besonderen Bedingungen der Schwerelosigkeit sogar über den für Quantenphysiker sehr langen Zeitraum von einer Sekunde miteinander interferieren. Die entwickelte Technik besitzt darüber hinaus großes wissenschaftliches und technologisches Potential für Hochpräzisionsmessungen: So können etwa künftig sehr genaue Tests des Einstein‘schen Äquivalenzprinzips durchgeführt oder auch neuartige Sensoren für den Einsatz im Weltraum entwickelt werden.
Abb.: Versuchsverlauf (links); Magneto-Optical Trap (MOT), Ioffe-Pritchard- (IP-) Trap, Delta-Kick Cooling (DKZ), Adiabatic Rapid Passage (ARP), Atom-Interferometrie (AI). Asymmetrische Mach-Zehnder-Interferometrie macht die BEC-Fringes sichtbar (rechts; Bild: Müntinga et al.)
426 Experimente unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit wurden am ZARM bereits durchgeführt und weitere hundert sollen in diesem Jahr noch folgen. Bereits 2007 wurde im Rahmen des QUANTUS-Projekts zum ersten Mal ein BEC im freien Fall erzeugt. Während es in einem „normalen“ Labor innerhalb des Bruchteils einer Sekunde zerfällt, kann es im Fallturmexperiment weit länger als eine Sekunde existieren und über diesen Zeitraum auf einen Millimeter anwachsen.
Die aktuellen Fallturmexperimente gehen aber über die reine Herstellung eines BEC unter Schwerelosigkeit hinaus. Hier wurde die Interferenzfähigkeit auch nach einer langen Freifallzeit von rund einer Sekunde nachgewiesen. Mit der geplanten Verlängerung der Versuchszeit mit Hilfe von Katapultexperimenten im Fallturm Bremen, Höhenforschungsraketen, Satellitenmissionen oder auch der Internationalen Raumstation ISS, erwartet das QUANTUS-Team, Messungen von bisher unerreichter Präzision durchführen zu können. So lassen sich mit dieser Technologie grundlagenphysikalische Fragestellungen hochpräzise untersuchen, wie die Grundlagen der Quantenmechanik oder das Zusammenspiel der Quantenmaterie mit Gravitation, eines der großen Rätsel der heutigen Physik.
ZARM / OD