29.09.2011

Botschaften vom Merkur

Seit einem halben Jahr umkreist die amerikanische Sonde Messenger den sonnennächsten Planeten – nun präsentieren die an der Mission beteiligten Forscherteams ihre ersten Ergebnisse.

Merkur ist der bislang am wenigsten erforschte Planet des inneren Sonnensystems. In den Jahren 1974 und 1975 flog die amerikanische Sonde Mariner 10 dreimal an ihm vorbei und lieferte erste Nahaufnahmen von seiner Oberfläche. Nach ebenfalls drei Vorbeiflügen schwenkte am 18. März dieses Jahres mit der amerikanischen Sonde Messenger, kurz für Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging, erstmals ein irdisches Raumfahrzeug in eine Umlaufbahn ein. Jetzt präsentieren mehrere Forschungsgruppen die ersten Ergebnisse der Mission. Sie zeigen eine fremdartige Welt, die sich in vielerlei Hinsicht von den anderen terrestrischen Planeten unterscheidet.

Abb.: Seltsame Vertiefungen in der Merkuroberfläche – diese Strukturen sind möglicherweise durch den Ausbruch flüchtiger Substanzen entstanden. Dieser Ausschnitt der farbverstärkten Aufnahmen ist etwa 20 Kilometer breit. (Bild: Nasa / JHUAPL / Carnegie Inst. / Blewett et al.)

Larry R. Nittler von der Carnegie Institution of Washington und sein Team berichten über Messungen mit dem Röntgenspektrometer XRS an Bord von Messenger. Das Instrument registriert Röntgen-Fluoreszenzstrahlung von der Merkuroberfläche, die durch von der Sonne kommende Röntgenstrahlung ausgelöst wird. Die Messungen bestätigen die Beobachtung mit erdgebundenen Teleskopen, dass die Merkuroberfläche deutlich weniger Eisen enthält, als die anderen terrestrischen Planeten. Außerdem zeigen sie, dass das Oberflächenmaterial arm an Aluminium und Kalzium, aber reich an Magnesium ist. Besonders überraschend ist ein gegenüber der Erde zehnmal höher Anteil an Schwefel.

Im Gegensatz dazu zeigen Messungen mit dem Gammastrahlungsspektrometer GRS, dass die Häufigkeit von Kalium, Thorium und Uran ähnlich sind wie bei den anderen Planeten des inneren Sonnensystems. Zusammengefasst deuten beide Ergebnisse darauf hin, dass Merkur zwar aus dem gleichen Material entstanden ist, wie die anderen terrestrischen Planeten, aber unter entgegengesetzten chemischen Bedingungen, nämlich reduzierenden statt oxidierenden.

Neue Erkenntnisse liefern auch die vom Mercury Dual Imaging System MDIS gelieferten hochaufgelösten Bilder der Oberfläche. So konnten James Head von der Brown University in Providence und seine Kollegen zeigen, dass das bislang rätselhafte Gebiet der großen Ebenen am Nordpol des Merkur vulkanischen Ursprungs ist. Eine insgesamt rund fünf Millionen Quadratkilometer große Fläche ist hier von einer über einen Kilometer dicken Schicht aus Lava überdeckt. Die Auswertung der Bilder ergab, dass die Lava vor 3,7 bis 3,8 Milliarden Jahren aus großen Rissen in der Merkurkruste an die Oberfläche geströmt ist. Vulkanismus hat in jener Epoche unmittelbar nach dem Großen Bombardement demnach eine gewichtige Rolle bei der Gestaltung der Merkuroberfläche gespielt, schließen die Forscher.

Über die Entdeckung einer bislang unbekannten Landschaftsform berichten David Blewett von der Johns Hopkins University und sein Team. Die Wissenschaftler haben auf den Aufnahmen eine Vielzahl von irregulär geformten, flachen und randlosen Vertiefungen aufgespürt, die zumeist in großen Gruppen auftreten. Blewett und seine Kollegen vermuten, dass die Vertiefungen entstehen, wenn flüchtige Substanzen aus der Planetenkruste durch die Oberfläche brechen – ein Prozess, der noch heute auf dem Merkur aktiv sein könnte.

Neben der Erde ist der Merkur der einzige innere Planet mit einem durch einen inneren Dynamoeffekt produzierten Magnetfeld – das allerdings deutlich schwächer ist als bei der Erde. Messungen mit dem Magnetometer an Bord von Messenger zeigen, wie Brian Anderson, ebenfalls von der Johns Hopkins, und sein Team berichten, dass das Magnetfeld von Merkur zwar um weniger als drei Grad gegen die Rotationsachse geneigt ist. Der magnetische Äquator ist aber gegenüber dem geometrischen um 484 Kilometer nach Norden verschoben. Ein solches Phänomen ist bislang bei keinem anderen planetarischen Magnetfeld beobachtet worden und die Ursache dafür ist noch völlig unklar.

Messungen von George Ho von der Johns Hopkins University und seinen Kollegen mit dem Energetic Particle and Plasma Spectrometer EPPS zeigen, dass die Magnetosphäre von Merkur sich deutlich von der Erde unterscheidet. Insbesondere gibt es offenbar keine geordnete Bewegung geladener Teilchen um den Planeten – er besitzt entsprechend keine Ringe aus geladenen Teilchen wie die Van-Allen-Gürtel. Auch hier ist die Ursache bislang unklar – alle anderen Planeten mit internen Magnetfeldern zeigen solche Strahlungsgürtel.

Die ersten 90 Tage in der Umlaufbahn haben also eine Vielzahl neuer und zum Teil überraschender Informationen geliefert. Die Primärmission von Messenger soll noch bis März 2012 andauern – wenn die Raumsonde weiterhin in gutem Zustand ist, ist auch eine Verlängerung darüber hinaus möglich.

Rainer Kayser

OD

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