Breitband aus dem All
Neuer Weltrekord für optische Freiraumübertragung mit 13,16 Terabits pro Sekunde.
Achtzehn Monate nach ihrem letzten Rekord haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR, diesmal zusammen mit ADVA, einem Anbieter von Open Networking Lösungen, mit 13,16 Terabits pro Sekunde einen neuen Weltrekord in der optischen Freistrahl-Datenübertragung aufgestellt. Mit dieser Datenrate könnten alle gedruckten Bücher der Welt in etwa einer halben Minute übertragen werden. Auch könnte damit der gesamte, für 2020 prognostizierte, Internetverkehr von 144 Petabytes pro Tag in Deutschland übertragen werden. Das eigentliche Ziel ist jedoch ein anderes, nämlich die ländlichen Gebiete, die heute nicht an ein terrestrisches Breitbandnetz angeschlossen sind, vom Satelliten aus zu versorgen. Für die Versorgung von Gesamteuropa im Jahr 2020 reichen laut BATS-Studie drei bis vier Terabits pro Sekunde aus.
Abb.: DLR-Forscher mit einem optischen Terminal am Boden für die schnelle optische Freiraumübertragung. (Bild: DLR)
Allen Entwicklungen der Digitalisierung ist gemeinsam, dass sie einen Breitbandanschluss benötigen. „Satelliten spielen eine Schlüsselrolle, um den Breitbandanschluss in der Fläche anbieten zu können“, erklärt Christoph Günther, Direktor des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation. Das Versorgungsgebiet wird hierfür vom Satelliten aus mit zahlreichen Strahlen ausgeleuchtet. Man kann sich diese Strahlen wie Keulen vorstellen, die von Satelliten die Erde beleuchten und Kommunikationssignale zur Verfügung stellen. Die Funkfrequenzen werden dabei ständig wiederverwendet, wodurch eine enorme Kommunikationskapazität zwischen Nutzern und Satelliten entsteht. Um diese Kapazität ausschöpfen zu können, muss sie auch zwischen Internet und Satelliten bereitgestellt werden. Das erfolgt durch optische Freiraumübertragung, wie sie in dem Versuch getestet wurde. Die optische Freiraumübertragung transportiert die großen Datenströme in ähnlicher Weise wie es in Glasfasern auf der Erde geschieht.
Das DLR hat für den Weltrekord das Konzept und die optischen Systeme zur atmosphärischen Übertragung beigesteuert. In der gemeinsamen Demonstration wurde der Einfallswinkel der auf den Empfänger auftreffenden Wellenfront korrigiert. Die Wellenfrontverzerrungen – Phasenfluktuationen des Strahlprofils – entstehen dabei durch Temperaturunterschiede in der Atmosphäre, die zu Turbulenzen führen. Das empfangene Signal, das auf der zwei Zentimeter großen Empfangsapertur auftrifft, muss am Empfänger in eine Glasfaser mit einigen Mikrometer Durchmesser eingekoppelt werden, um danach verstärkt und weiterverarbeitet werden zu können, wie es in der Faserkommunikation üblich ist.
Danach kamen die Demultiplexer und Empfängerbänke der Firma ADVA zum Einsatz, die bereits heute in Glasfasernetzen eingesetzt werden. Der fast achtfache Anstieg des Datenvolumens in einem um vierzig Prozent schmaleren Spektrum, das heißt vierzig Prozent effizienter im Vergleich zu dem vom DLR aufgestellten Rekord im Jahr 2016, wurde Dank der ADVA-Technologie, konkret ADVAs FSP 3000 CloudConnectTM, ermöglicht. Die Daten wurden mit 53 Lasern auf unterschiedlichen Frequenzen mit einem Abstand von 50 Gigahertz übertragen. Dabei wurden die jeweiligen Laser mit Dual Polarization 16 QAM (Quadratur-Amplitude Modulation) moduliert und mit Soft-Decision Vorwärtsfehlerkorrektur auf einer Nutzdatenrate von 200 Gigabit/s pro Kanal empfangen. Zusätzlich wurde ein 100 Gigabit/s System des DLR benutzt, um die Verzerrungen des Signals durch atmosphärische Turbulenzen zu analysieren. Die Distanz, die bei den Versuchen überbrückt wurde, betrug 10,45 Kilometer und entspricht in Bezug auf das Turbulenzverhalten der schlechtesten denkbaren Verbindung von einer Bodenstation zu einem geostationären Satelliten.
Eine hohe Verfügbarkeit der Verbindung ist Voraussetzung, um Telekommunikationsdienste anbieten zu können. Hierfür ist es notwendig, dass die Verbindung kaum kurzzeitige Ausfälle aufweist. Selbst sehr kurze Unterbrechungen führen, auf Grund der hohen Datenraten, zu enormen Verlusten. Bei einer Unterbrechung von nur einer Millisekunde fehlt bereits ein Gigabit an Daten. Dieses muss entweder über komplexe Fehlerkorrekturalgorithmen rekonstruiert werden oder nochmals übertragen werden. Letzteres reduziert nicht nur die Kapazität, sondern vergrößert auch die Latenz und ist damit hoch unerwünscht.
Um den Schwund zu minimieren, hat das DLR in einem weiteren Experiment höhere Ordnungen der Verzerrung in einer adaptiven Optik korrigiert. Die Ausfälle konnten dabei in Richtung Satellit zu Boden weiter reduziert werden. Die dabei erfolgte Schätzung des Kanals wurde auch verwendet, um den Signalen in der Richtung Boden zu Satellit die inverse Verzerrung aufzuprägen, sodass sich am Teststandort Hohenpeißenberg eine deutlich erhöhte Verfügbarkeit einstellte. Im Gegensatz zum Hohenpeißenberg bewegt sich ein echter Satellit jedoch im Verhältnis zur Bodenstation. Auch die sich daraus ergebenden Veränderungen konnten hergestellt werden und auch hier bestätigten die Messungen die Erwartungen. Damit hat sich das Versuchsfeld als ideal für die Verifikation verschiedener Ansätze erwiesen. Solchen Ansätze sind notwendig, um die Stabilität der Übertragung weiter zu steigern und die Komplexität des Systems möglichst stark zu vereinfachen.
DLR / JOL