11.05.2018

Breitband aus dem All

Neuer Weltrekord für optische Freiraum­übertragung mit 13,16 Terabits pro Sekunde.

Achtzehn Monate nach ihrem letzten Rekord haben Wissen­schaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR, diesmal zusammen mit ADVA, einem Anbieter von Open Networking Lösungen, mit 13,16 Terabits pro Sekunde einen neuen Weltrekord in der op­tischen Frei­strahl-Datenüber­tragung aufge­stellt. Mit dieser Datenrate könnten alle gedruckten Bücher der Welt in etwa einer halben Minute über­tragen werden. Auch könnte damit der gesamte, für 2020 prognos­tizierte, Internet­verkehr von 144 Petabytes pro Tag in Deutsch­land über­tragen werden. Das eigent­liche Ziel ist jedoch ein anderes, nämlich die länd­lichen Gebiete, die heute nicht an ein terres­trisches Breitband­netz angeschlossen sind, vom Satelliten aus zu versorgen. Für die Versorgung von Gesamt­europa im Jahr 2020 reichen laut BATS-Studie drei bis vier Terabits pro Sekunde aus.

Abb.: DLR-Forscher mit einem optischen Terminal am Boden für die schnelle optische Freiraumübertragung. (Bild: DLR)

Allen Entwick­lungen der Digita­lisierung ist gemeinsam, dass sie einen Breitband­anschluss benötigen. „Satelliten spielen eine Schlüssel­rolle, um den Breitband­anschluss in der Fläche anbieten zu können“, erklärt Christoph Günther, Direktor des DLR-Instituts für Kommu­nikation und Navi­gation. Das Versorgungs­gebiet wird hierfür vom Satelliten aus mit zahl­reichen Strahlen ausge­leuchtet. Man kann sich diese Strahlen wie Keulen vorstellen, die von Satelliten die Erde beleuchten und Kommunikations­signale zur Verfügung stellen. Die Funk­frequenzen werden dabei ständig wieder­verwendet, wodurch eine enorme Kommunikations­kapazität zwischen Nutzern und Satelliten entsteht. Um diese Kapa­zität ausschöpfen zu können, muss sie auch zwischen Internet und Satelliten bereit­gestellt werden. Das erfolgt durch optische Freiraum­übertragung, wie sie in dem Versuch getestet wurde. Die optische Freiraum­übertragung trans­portiert die großen Daten­ströme in ähnlicher Weise wie es in Glasfasern auf der Erde geschieht.

Das DLR hat für den Welt­rekord das Konzept und die optischen Systeme zur atmo­sphärischen Über­tragung beige­steuert. In der gemein­samen Demons­tration wurde der Einfalls­winkel der auf den Empfänger auftref­fenden Wellen­front korrigiert. Die Wellenfront­verzerrungen – Phasen­fluktuationen des Strahl­profils – entstehen dabei durch Temperatur­unterschiede in der Atmosphäre, die zu Turbulenzen führen. Das empfangene Signal, das auf der zwei Zenti­meter großen Empfangs­apertur auftrifft, muss am Empfänger in eine Glasfaser mit einigen Mikro­meter Durchmesser einge­koppelt werden, um danach verstärkt und weiter­verarbeitet werden zu können, wie es in der Faser­kommunikation üblich ist.

Danach kamen die Demulti­plexer und Empfänger­bänke der Firma ADVA zum Einsatz, die bereits heute in Glasfaser­netzen eingesetzt werden. Der fast achtfache Anstieg des Daten­volumens in einem um vierzig Prozent schmaleren Spektrum, das heißt vierzig Prozent effi­zienter im Vergleich zu dem vom DLR aufge­stellten Rekord im Jahr 2016, wurde Dank der ADVA-Techno­logie, konkret ADVAs FSP 3000 CloudConnectTM, ermöglicht. Die Daten wurden mit 53 Lasern auf unter­schiedlichen Frequenzen mit einem Abstand von 50 Gigahertz über­tragen. Dabei wurden die jeweiligen Laser mit Dual Polari­zation 16 QAM (Quadratur-Amplitude Modulation) moduliert und mit Soft-Decision Vorwärtsfehler­korrektur auf einer Nutzdaten­rate von 200 Gigabit/s pro Kanal empfangen. Zusätzlich wurde ein 100 Gigabit/s System des DLR benutzt, um die Verzer­rungen des Signals durch atmo­sphärische Turbulenzen zu analy­sieren. Die Distanz, die bei den Versuchen überbrückt wurde, betrug 10,45 Kilometer und entspricht in Bezug auf das Turbulenz­verhalten der schlech­testen denkbaren Verbindung von einer Boden­station zu einem geosta­tionären Satelliten.

Eine hohe Verfüg­barkeit der Verbindung ist Voraus­setzung, um Tele­kommunikations­dienste anbieten zu können. Hierfür ist es notwendig, dass die Verbindung kaum kurz­zeitige Ausfälle aufweist. Selbst sehr kurze Unter­brechungen führen, auf Grund der hohen Daten­raten, zu enormen Verlusten. Bei einer Unter­brechung von nur einer Millisekunde fehlt bereits ein Gigabit an Daten. Dieses muss entweder über komplexe Fehler­korrektur­algorithmen rekon­struiert werden oder nochmals übertragen werden. Letzteres reduziert nicht nur die Kapa­zität, sondern vergrößert auch die Latenz und ist damit hoch unerwünscht.

Um den Schwund zu mini­mieren, hat das DLR in einem weiteren Experi­ment höhere Ordnungen der Verzerrung in einer adaptiven Optik korri­giert. Die Ausfälle konnten dabei in Richtung Satellit zu Boden weiter reduziert werden. Die dabei erfolgte Schätzung des Kanals wurde auch verwendet, um den Signalen in der Richtung Boden zu Satellit die inverse Verzerrung aufzuprägen, sodass sich am Test­standort Hohen­peißenberg eine deutlich erhöhte Verfüg­barkeit einstellte. Im Gegensatz zum Hohen­peißenberg bewegt sich ein echter Satellit jedoch im Verhältnis zur Boden­station. Auch die sich daraus ergebenden Verän­derungen konnten herge­stellt werden und auch hier bestätigten die Messungen die Erwar­tungen. Damit hat sich das Versuchs­feld als ideal für die Veri­fikation verschie­dener Ansätze erwiesen. Solchen Ansätze sind notwendig, um die Stabi­lität der Über­tragung weiter zu steigern und die Komple­xität des Systems möglichst stark zu verein­fachen.

DLR / JOL

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