22.07.2022 • Nanophysik

Buckyballs auf Gold sind weniger exotisch als Graphen

Sowohl Messungen als auch Berechnungen zeigen gewöhnlichere elektronische Eigenschaften.

Graphen besteht aus Kohlenstoff-Atomen, die sich zu einer flachen Bienen­waben­struktur vernetzen. Das Material besitzt neben über­raschend hoher mechanischer Stabilität ungewöhnliche elektronische Eigen­schaften: Die Elektronen verhalten sich wie masselose Teilchen, was sich in spektro­metrischen Experimenten klar nachweisen lässt. Messungen zeigen eine lineare Abhängigkeit der Energie vom Impuls, Dirac-Kegel genannt: zwei Linien, die sich kreuzen, ohne dass eine Bandlücke – also eine Energie­differenz zwischen Elektronen im Leitungs­band und solchen in den Valenz­bändern – auftreten würde.

Abb.: Mit Berech­nungen auf Basis der Dichte­funk­tio­nal­theorie und...
Abb.: Mit Berech­nungen auf Basis der Dichte­funk­tio­nal­theorie und Mess­daten aus der spin­auf­ge­lösten Photo­emis­sion unter­suchte das Team den Ur­sprung sich wieder­ho­lenden Au(111)-Banden und löst sie als tiefe Ober­flächen­reso­nanzen auf. (Bild: HZB)

Künstliche Varianten der Graphen-Architektur sind in der Material­forschung ein aktuelles Thema. Anstelle der Kohlen­stoff­atome wurden Quanten­punkte aus Silizium platziert, ultrakalte Atome mit starken Laser­feldern im Bienen­waben­gitter fest­ge­halten oder Kohlen­monoxid-Moleküle auf einer Kupfer­ober­fläche Stück für Stück mit einem Raster­tunnel­mikroskop an Ort und Stelle geschoben, wo sie den Elektronen des Kupfers die charakte­ris­tischen Graphen­eigen­schaften übertragen konnten.

Eine Studie deutete kürzlich darauf hin, dass es ungleich einfacher ist, künstliches Graphen mit Hilfe von Buckyballs, also C60-Molekülen, herzu­stellen. Von diesen muss nur eine gleich­mäßige Schicht auf Gold aufgedampft werden, damit die Gold­elektronen die besonderen Graphen­eigen­schaften annehmen. Messungen von Photo­emissions­spektren schienen eine Art Dirac-Kegel zu zeigen.

„Das wäre wirklich sehr erstaunlich“, sagt Andrei Varykhalov vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, der eine Arbeitsgruppe für Photo­emission und Raster­tunnel­mikroskopie leitet. „Denn das C60-Molekül ist absolut unpolar. Für uns war schwer vorstellbar, wie solche Moleküle einen starken Einfluss auf die Elektronen im Gold ausüben sollen.“ Daher starteten Varykhalov und sein Team eine Messreihe, um diese These zu überprüfen.

In kniffliger Kleinarbeit konnte das Team C60-Lagen auf Gold über einen deutlich größeren Energie­bereich und für verschiedene Mess­parameter untersuchen. Dabei nutzten sie die winkel­auf­ge­löste ARPES-Spektro­skopie an BESSY II, die besonders präzise Messungen ermöglicht, und analysierten für einige Messungen auch den Elektronen­spin.

„Wir sehen in unseren Messdaten einen parabel­förmigen Zusammen­hang zwischen Impuls und Energie, also ein ganz normales Verhalten. Diese Signale stammen von den Elektronen tief aus dem Gold- oder Kupfer-Substrat und nicht der Schicht, die von den Buckyballs beeinflusst werden könnte“, erklärt Maxim Krivenkov vom HZB.

Auch die linearen Messkurven aus der vorherigen Studie konnte das Team erklären. „Diese Messkurven imitieren die Dirac-Kegel lediglich, sie sind ein Artefakt, das sich auf einer Ablenkung der Photo­elektronen ergibt, wenn sie das Gold verlassen und die C60-Schicht passieren“, erläutert Varykhalov. Als künstliches Graphen kann die Buckyball-Schicht auf Gold daher nicht gelten.

HZB / RK

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