12.04.2018

Chemische Reaktion einzelner Atome

Mit optischen Pinzetten gehalten verbinden sich zwei freie Alkali­atome zu einem Molekül.

Wer den Ablauf chemischer Reaktionen im Detail genau beschreiben kann, hält den Schlüssel für neue und effi­zien­tere Synthese­prozesse in der Hand. In ersten Ansätzen können Atome und Mole­küle – gelagert auf einer Ober­fläche – etwa mit den Spitzen von Raster­kraft­mikro­skopen kontrol­liert bewegt und zur Reaktion gebracht werden. Forscher der Harvard Univer­sity in den USA gingen nun einen Schritt weiter und ließen zwei freie Alkali­metall­atome – fest­ge­halten und kon­trol­liert mit optischen Pin­zetten – mit­ein­ander reagieren. Mit dieser Methode könnten chemische Reak­tionen auf der atomaren Ebene besser analy­siert und in Zukunft sogar kompli­zierte Mole­küle Atom für Atom zusammen­gesetzt werden.

Abb.: Detailaufnahme des Experi­ments mit einer laser­ge­kühlten Wolke aus Natrium-Atomen, aus dem mit einer optischen Pin­zette ein ein­zelnes Atom ent­nommen und mit einem Caesium­atom zur Reak­tion gebracht werden konnte.(Bild: L. R. Liu et al., Harvard U.)

„Dieses neue Werkzeug ermöglicht es, die Chemie am Limit ein­zelner Atome zu unter­suchen und kompli­zierte Designer-Mole­küle Atom für Atom zu bauen“, sagt Lee Liu, von der Harvard Univer­sity. Gemein­sam mit seinen Kollegen wählte er für das grund­legende Experi­ment die beiden Alkali­metalle Natrium und Caesium. Per Laser­kühlung auf ein Milli­kelvin abge­kühlt konnten die Wissen­schaftler mit den Lasern zweier optischen Pin­zetten jeweils genau ein Natrium- und ein Caesium­atom getrennt von­ein­ander fest­halten. Die Wellen­länge zum Ein­fangen des Natrium­atoms betrug 700, für das Fest­halten des Caesium­atoms 976 Nano­meter.

So fixiert brachten Liu und seine Kollegen die beiden Atome immer näher zusammen. Schließ­lich ent­hielt die optische Pin­zette mit 976 Nano­meter Wellen­länge exakt diese beiden Atome. Eine direkte Reak­tion der beiden Atome im Grund­zustand war aller­dings über eine Kolli­sion bei gleich­zeitiger Energie- und Impuls­erhal­tung nicht möglich. Doch optisch ange­regt erfolgte eine Photo­assozi­ation, bei der ein ein­zelnes ange­regtes Natrium­caesium-Molekül ent­stand. Dieses ging darauf rasch in den Grund­zustand über.

Um für jede optische Pinzette das erfolgreiche Ein­fangen der ein­zelnen Atome und des daraus ent­stan­denen Moleküls nach­zu­weisen, zeich­neten die Forscher Photo­elek­tronen einer Fluo­res­zenz auf, die je Atom oder Molekül eine spezi­fische Energie­ver­tei­lung zeigten. Diese Analysen zeigten, dass längst nicht jeder Ver­such erfolg­reich ver­lief. So gelang es nur in etwa einem Drittel der Experi­mente, jeweils genau ein Natrium- und ein Caesium­atom mit den optischen Pin­zetten ein­zu­fangen.

Laut Liu könnte dieses Grundlagenexperiment von großer Bedeu­tung für die Analyse chemischer Reak­tionen sein. Sollte es in Zukunft gelingen, ver­schiedene Atome mit optischen Pin­zetten kon­trol­liert ein­zu­fangen und mit­ein­ander reagieren zu lassen, ließen sich Atom für Atom neu­artige Mole­küle zusammen­setzen. Ob sich diese Synthese­prozesse aller­dings stark beschleu­nigen lassen, um nennens­werte Substanz­mengen zu erzeugen, lässt sich aus heutiger Sicht kaum be­urteilen.

Dennoch könnten auch kleinere Designer-Moleküle – wie die jetzt erzeugte Natrium­caesium-Ver­bin­dung – prinzi­piell genutzt werden. „Derzeit ist unser Molekül noch schwach gebunden“, sagt Liu. So hat er sich zum Ziel gesetzt, mit einer opti­mierten Laser­technik auch stärker gebun­dene Mole­küle herzu­stellen. In solchen Natrium­caesium-Mole­külen sieht Liu geeig­nete Kandi­daten für neu­artige Qubits, die den Bau der nächsten Genera­tion von Quanten­computern erleichtern sollen.

Jan Oliver Löfken

RK

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