13.01.2010

Chemischer Fingerabdruck eines Exoplaneten

Astronomen ist es gelungen, die erste Direktmessung eines Spektrums für einen Planeten vorzunehmen, der einen fernen, sonnenähnlichen Stern umkreist.

Astronomen ist es gelungen, die erste Direktmessung eines Spektrums für einen Planeten vorzunehmen, der einen fernen, sonnenähnlichen Stern umkreist.

Die Suche nach Leben auf fremden Planeten ist eines der ehrgeizigsten Ziele der modernen Astronomie. Während der letzten Jahre haben Astronomen mehr als 400 Exoplaneten entdeckt. Um einschätzen zu können, ob es auf solchen Planeten die nötigen Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben gibt, oder ob dort sogar Lebensformen existieren, müssen Astronomen das Spektrum, den "chemischen Fingerabdruck" eines Planeten ermitteln. Solche Messungen geben Aufschluss über die Moleküle, die in der Planetenatmosphäre vorhanden sind. Jetzt ist es Astronomen gelungen, ein solches Spektrum für einen Exoplaneten zu registrieren, der einen normalen, sonnenähnlichen Stern umkreist.

 

Abb.: Bild des HR 8799-Planetensystems, in der Mitte: der Zentralstern HR 8799. Eine Untersuchung zeigt, dass es sich bei drei der Lichtflecken um Planeten handelt (durch Kreise gekennzeichnet): Bei 11 Uhr angefangen, im Uhrzeigersinn, und von außen nach innen sind das HR 8799b, HR8799c und HR8799d. Die anderen Strukturen sind Artefakte. (Bild: MPIA/W. Brandner)

Die Forschergruppe, zu der drei Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) und zwei Wissenschaftler kanadischer Universitäten gehören, hat das Planetensystem des hellen, sehr jungen Sterns HR 8799 untersucht, der am Nachthimmel im Sternbild Pegasus steht und rund 130 Lichtjahre von uns entfernt ist. Eine frühere Untersuchung hatte im Jahre 2008 drei Riesenplaneten nachweisen können, die diesen Stern umkreisen. Die Wissenschaftlerin Carolina Bergfors (MPIA) erzählt: "Unser Beobachtungsziel war der mittlere der drei Riesenplaneten. Er besitzt ungefähr zehn Mal soviel Masse wie Jupiter, und hat eine Oberflächentemperatur von rund 800 Grad Celsius". Die Forscher nahmen das Spektrum mit Hilfe des Instruments NACO auf, das am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte installiert ist, und nutzten dabei insbesondere die Kamera-Spektrografen-Kombination CONICA, die am Max-Planck-Institut für Astronomie und am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik entwickelt wurde.

Da der Stern mehrere tausend Mal heller ist als der Planet, und die beiden von der Erde aus gesehen sehr nah beieinander stehen, stellt die Messung des Planetenspektrums eine enorme Herausforderung dar. Der Forscher Markus Janson von der Universität Toronto erklärt: "Es ist, als wolle man aus zwei Kilometern Entfernung eine Kerze beobachten, die direkt neben einer hellen 300-Watt-Lampe steht." Carolina Bergfors ergänzt: "Wir mussten mehr als fünf Stunden belichten, um das Planetenspektrum aus dem weit helleren Licht des Sterns herauskitzeln zu können."

Durch die Temperatur des Planeten von 800 Grad Celcius ist dieser im thermischen Infrarot selbstleuchtend. Die Astronomen konnten die Spektren von Stern und Planet räumlich voneinander trennen, und das thermische Spektrum des Planeten im Wellenlängen Bereich zwischen 3,88 und 4,08 Mikrometer aufnehmen. Das Spektrum ist allerdings stark verrauscht. Durch das Glätten der Kurve konnten die Forscher das Spektrum mit den von theoretischen Modellen vorhergesagten Spektren vergleichen. Aufgrund des Rauschens lassen sich zwar keine einzelnen Spektrallinien identifizieren, allerdings zeigt bereits der Vergleich der geglätteten Spektra deutliche Abweichungen zwischen der beobachteten Spektrumsform und der Vorhersage der Atmosphärenmodelle. Die Modelle gehen davon aus, dass sich die verschiedenen Elemente in der Atmosphäre wie z.B. Methan (CH4) und Kohlenmonoxid (CO) im chemischen Gleichgewicht befinden und dass die Temperatur der Atmosphäre von den Äußeren hin zu den inneren Schichten kontinuierlich zunimmt. Bei Wellenlängen unterhalb von 4,0 Mikrometern strahlt der Planet allerdings etwas heller als erwartet, bei Wellenlängen oberhalb von 4 Mikrometern deutlich schwächer. Für die Forscher spricht dies dafür, dass das Verhältnis zwischen Kohlenmonoxid (welches bei Wellenlängen oberhalb von 4,0 Mikrometer Strahlung absorbiert) und Methan (welches bei Wellenlängen unterhalb von 4,0 Mikrometer Strahlung absorbiert) deutlich größer ist als vorhergesagt. Eine mögliche Erklärung bieten senkrecht Mischungsprozesse in der Planetenatmosphäre, so der MPIA-Wissenschaftler Wolfgang Brandner. Tiefer gelegene, heißere Schichten mit einem höheren Anteil an Kohlenmonoxid werden nach oben gemischt, während höher gelegene, kühlere Schichten mit einem höheren Methananteil nach unten sinken.

 


 

Abb.. Eine geglättete Version des Spektrums, die den Vergleich zwischen Theorie und Beobachtung ermöglicht. Waagerecht ist die Wellenlänge aufgetragen, senkrecht die Flussdichte (ein Maß dafür, wieviel Strahlung des Planeten uns bei den verschiedenen Wellenlängen erreicht). Im Vergleich zu den Modellen wird bei kleineren Infrarot-Wellenlängen mehr Strahlung beobachtet als erwartet (links im Bild), und bei größeren Wellenlängen weniger (rechts im Bild). (Bild: MPIA)

In den kommenden Jahren hoffen die Astronomen, mit der Beobachtungstechnik wichtige Informationen darüber zu gewinnen, wie Planeten entstehen. Erster Schritt dürfte die Aufnahme der Spektren der beiden anderen Riesenplaneten von HR 8799 sein; damit hätten die Astronomen zum ersten Mal die Gelegenheit, die Spektren mehrerer Planeten ein und desselben Exoplanetensystems miteinander zu vergleichen. Entfernteres Ziel ist es, auf dieses Weise lebensfreundliche Exoplaneten zu identifizieren.

Nach Ansicht der Forscher geben die neuen Ergebnisse Anlass, die derzeitigen Modelle der Atmosphäre des Exoplaneten zu überdenken. Brandner erklärt: "Die Eigenschaften des Spektrums sind nicht mit den heutigen theoretischen Modellen vereinbar. Offenbar gilt es, die Eigenschaften der Staubwolken in der Planetenatmosphäre genauer zu modellieren - oder die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ist ganz anders, als bislang angenommen."

Max-Planck-Institut für Astronomie/KP

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