15.12.2025 • Magnetismus

Antiferromagnetisches Netzwerk mit Drehrichtung

Winzige Magnetstrukturen in einer ultradünnen Manganschicht zeigen eine ungewöhnliche Händigkeit – nun erklären Forschende aus Kiel und Hamburg, warum.

Forschende des Fachbereichs Physik der Univer­sität Hamburg haben ein magne­ti­sches Netz­werk auf der Nano­meter­skala in einer anti­ferro­magne­ti­schen Mangan­schicht reali­siert. Die Über­gänge zwi­schen ver­schie­denen magne­tisch ge­ordne­ten Berei­chen (Domä­nen) des Netz­werks wur­den mit­tels Raster­tunnel­mikro­skopie auf der ato­ma­ren Skala abge­bil­det, wobei die Kreu­zungs­punkte der Do­mänen­wände eine Hän­dig­keit auf­wie­sen. Diese beob­ach­tete Chira­lität kann durch eine magne­tisch getrie­bene Sche­rung der Mangan­schicht erklärt werden, wie theore­ti­sche Physi­kerin­nen und Physi­ker der Christian-Albrechts-Univer­sität (CAU) zu Kiel zeigen konnten.

Antiferromagnete bilden nach außen kein mess­bares Magnet­feld und galten lange als schwer nutz­bar. Heute gilt diese Klasse von Mate­ri­alien jedoch als viel­ver­spre­chend. In der Magneto­elek­tro­nik, einem For­schungs­feld, das  elek­tri­sche Ströme nutzt, um magne­tische Zustände zu mani­pu­lie­ren und aus­zu­lesen, könnten Anti­ferro­magnete eine zen­tra­le Rolle spielen. Gleich­zeitig bieten kom­ple­xe magne­ti­sche Netz­werke ganz neue Mög­lich­keiten für neu­artige, un­kon­ven­tio­nelle Com­puter. Sie rea­gieren beson­ders stark auf elek­tri­sche Ströme und können drei­dimen­sio­nale magne­tische Struk­turen aus­bilden, in denen die ato­maren Momente in ver­schie­dene Raum­rich­tungen zeigen.

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Kirsten von Bergmann • 10/2020 • Seite 30

Knoten in der Magnetisierung

Forschende der Universitäten Kiel und Hamburg haben jetzt gezeigt, wie in einer ultra­dünnen Mangan­schicht ein kom­plexes anti­ferro­magneti­sches Netz­werk entsteht. An den Kreu­zungs­punkten der Domänen­wände richten sich die atoma­ren magneti­schen Momente in eine defi­nierte räum­liche Dreh­rich­tung. Die Studie liefert so direkte Ein­blicke in die inne­ren Struk­turen von Anti­ferro­magne­ten und eröff­net Per­spek­tiven für neue magne­tische Bau­elemente.

Das Forschungsteam untersuchte ein Modell­system, aus nur zwei Lagen von Mangan­atomen, auf einen Iridium­kristall aufge­bracht. Mit spin-polari­sier­ter Raster­tunnel­mikro­skopie konnten sie die magne­tische Aus­rich­tung der Atome bis auf die ato­mare Skala sicht­bar machen.

Projektleiterin Kirsten von Berg­mann von der Uni Hamburg erklärt: „In den Raster­tunnel­mikro­skopie-Bildern tauchte ein komplexes magne­ti­sches Netz­werk aus Domänen­wänden zwischen anti­ferro­magnetisch geord­neten Berei­chen auf. Wir konnten sehen, dass es durch die implan­tier­ten Argon-Blasen er­zeugt wurde. An den Kreu­zungs­punkten von drei Domänen­wänden haben wir zum Einen eine Hän­dig­keit der Struk­tur gefun­den, zum Ande­ren haben wir heraus­ge­funden, dass die „atoma­ren Stab­mag­nete“ hier in die Rich­tungen der Ecken eines Tetra­eders zeigen, sie also einen Winkel von 109,47° zuein­ander haben.“

Mit aufwendigen quantenmechanischen Rechnungen, für die Super­computer des Verbundes für Natio­nales Hoch­leistungs­rechnen (NHR) genutzt wurden, zeigte das Kieler Team, dass sich die oberste Lage der Mangan­schichten auf­grund von magneti­schen Aus­tausch­kräften leicht seit­lich ver­schiebt. „An den Stellen, wo Bereiche mit unter­schied­licher magne­tischer Aus­rich­tung auf­einander­treffen, baut sich Span­nung auf. Dies kann die beobach­tete bevor­zugte, struktu­relle Dreh­rich­tung (Händig­keit) an den Kreuzungs­punkten erklären,“ sagt Stefan Heinze von der CAU. Die Kieler For­schen­den klärten zudem auf, wie an diesen Stellen eine drei­dimen­sio­nale magne­tische Struktur entsteht und wie beide Mangan­schichten mit­ein­ander gekoppelt sind.

Die Verzweigungen der Domänen­wände entstehen an den Argon-Blasen nicht zufällig. Die lokale Span­nung im Material begüns­tigt eine bestimmte Art der magne­tisch bedingten Scher­bewegung des Films. Die Rech­nungen zeigen außer­dem, dass die drei­dimen­sio­nale magne­ti­sche Ord­nung an diesen Kreuzungs­punkten beson­dere topo­lo­gi­sche Eigen­schaf­ten besitzt. Damit liefert die Studie einen grund­legen­den Nach­weis dafür, dass sich die enge Ver­bin­dung zwischen Struk­tur und Magne­tis­mus gezielt nutzen lässt, um kom­plexe anti­ferro­magne­tische Netz­werke zu erzeugen. [CAU / UHH / dre]

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