Neutrinos und Antineutrinos können sich ineinander umwandeln. Die internationale T2K-Kollaboration fand nun erste Hinweise, dass die Dominanz der Materie über Antimaterie im Universum durch das unterschiedliche Umwandlungs-Verhalten der Neutrinos und Antineutrinos erklärt werden könnte. Das wäre ein wichtiger Meilenstein für das Verständnis des Universums. Das Universum besteht in erster Linie aus Materie, der offensichtliche Mangel an Antimaterie ist eines der faszinierendsten Probleme der Wissenschaft. Die T2K-Kollaboration hat in einem Vortrag am KEK-Forschungszentrum in Japan verkündet, dass erste Hinweise gefunden wurden, dass mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit die CP-Symmetrie für Neutrinos verletzt ist.
Abb.: Eine durch das T2K-Experiment beobachtete Elektron-Neutrino-Wechselwirkung. Das Neutrino steht in Wechselwirkung mit einem Wassermolekül im Detektorvolumen und erzeugt ein Elektron, das wiederum Tscherenkow-Strahlung emittiert, während es über den Detektor fliegt. Dieses Licht wird durch spezielle Photosensoren gesammelt und in ein messbares elektrisches Signal umgewandelt. (Bild: U. Bern)
Neutrinos existieren als drei verschiedene Typen: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos, sowie deren Antiteilchen. Im Jahr 2013 entdeckte T2K eine neue Art von Transformation unter Neutrinos, bei welcher Myon-Neutrinos in Elektron-Neutrinos umgewandelt werden, während sie sich in Raum und Zeit bewegen. Für das T2K-Experiment wird am Proton Accelerator Research Complex in Tokai an der Ostküste Japans ein Myon-Neutrino-Strahl produziert, der in 295 Kilometer Entfernung vom Super-Kamiokande-Untergrund-Detektor gemessen wird. T2K steht für „Tokai to Kamiokande“. Die nun präsentierte T2K-Studie lehnt mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit die Hypothese ab, dass die Umwandlung von Myon-Antineutrinos zu Elektron-Antineutrinos gleich häufig stattfindet. Das ist ein erster Hinweis darauf, dass die Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie in den Neutrino-Oszillationen verletzt ist. Dann könnten die Neutrinos auch bei der Asymmetrie von Materie und Antimaterie im Universum eine Rolle spielen.
„Diese Ergebnisse gehören zu den wichtigsten Erkenntnissen in der Neutrino-Physik in den letzten Jahren. Und sie eröffnen durch den Nachweis dieser winzigen, aber messbaren Wirkung den Weg zu weiteren spannenden Messungen in den nächsten Jahren“, so Antonio Ereditato, Direktor des Laboratoriums für Hochenergiephysik der Uni Bern und Leiter der Berner T2K-Gruppe. „Die Natur scheint anzuzeigen, dass Neutrinos für die beobachtete Vorherrschaft der Materie über Antimaterie im Universum verantwortlich sein können. Was wir gemessen haben, rechtfertigt unsere derzeitigen Bemühungen bei der Vorbereitung des nächsten wissenschaftlichen Unternehmens, DUNE, dem ultimativen Neutrino-Detektor in den USA, der eine endgültige Entdeckung ermöglichen sollte.“
U. Bern / RK