22.10.2018

Das Beste aus zwei Welten

Organische Zusatzschicht kann Stromausbeute von Silizium-Solarzellen deutlich erhöhen.

Normalerweise erzeugt ein Photon in einer Solarzelle immer ein Ladungs­träger­paar (Exziton) bestehend aus einem schwach gebundenen negativ geladenen Elektron und einem positiven Loch. An den ladungs­selektiven Kontakten der Solar­zelle wird das Paar getrennt. Dem Team um Klaus Lips vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) ist es nun gelungen, eine Solar­zelle so zu bauen, dass bestimmte Photonen aus dem Licht­spektrum jeweils zwei Ladungs­träger­paare auf einmal erzeugen können.

Abb.: Darstellung des Prinzips einer Silizium-Multiplikator­solar­zelle mit organischen Kristallen (Bild: M. Künsting / HZB)

Der Effekt, den sie hierfür nutzen, tritt in bestimmten organischen Molekül­kristallen auf und heißt „Singlet exciton fission“ (SF). Er wird wirksam, wenn die Ladungs­träger­paare gewisse quanten­physikalische Bedingungen erfüllen: Alle ihre Spins müssen parallel ausgerichtet sein – sie befinden sich dann in einem Triplett­zustand. Diese Triplett-Exzitonen sind recht lang­lebig und sehr stark aneinander gebunden. Eine Schwierig­keit ist daher, die Triplett-Paare aus dem organischen Material an der Grenz­fläche zu Silizium aus­einander zu reißen, sodass die frei werdenden positiven und negativen Ladungs­träger zum Strom der Solar­zelle beitragen können.

In einem richtungs­weisenden Experiment haben die Forscher nun gezeigt, dass die Trennung der Triplett-Paare möglich ist und die Quanten­ausbeute pro Photon auf 200 Prozent verdoppelt werden kann. „Damit lässt sich der theoretisch maximale Wirkungs­grad einer Silizium-Solarzelle auf zirka vierzig Prozent steigern“, sagt der Australier Rowan MacQueen, der sich dem HZB-Team vor zwei Jahren angeschlossen hat und die Ladungs­träger­multiplikator-Solar­zelle am HZB realisiert.

In dem Experiment haben die Forscher eine nur 100 Nanometer dünne organische Schicht aus Tetrazen-Kristallen in die Ober­fläche einer Silizium-Solar­zelle integriert. Mittels spektro­skopischer Unter­suchungen konnten sie die Triplett-Ladungs­träger­paare in der Tetrazen-Schicht nachweisen. „Die Heraus­forderung bestand darin, die Tetrazen-Schicht so einzubauen, dass der Strom­fluss der Silizium­solar­zelle nicht nennens­wert gestört wird“, erläutert Klaus Lips, denn immerhin grenzt eine schlecht leitende organische Schicht an eine gut leitende Silizium-Schicht. Eine Konstellation, die den Strom­fluss schnell zum Erliegen bringt.

Die Trennung gelingt mit einem zusätzlich eingebrachten organischen Leiter, genannt PEDOT:PSS. Eine weitere organische Schicht ist also notwendig. „In diesem Aufbau spielen die Grenz­schichten der Materialien eine besondere Rolle, weshalb das Röntgen­licht des Synchrotrons BESSY II@HZB das richtige Werk­zeug für die Analytik ist“, nennt MacQueen einen wichtigen Aspekt der Arbeit.

Die Messergebnisse der ersten Silizium-Multi­plikator­solar­zelle mit der organischen Huckepack-Schicht zeigen deutlich: Tetrazen absorbiert den blau-grünen Anteil des Lichts, die energie­ärmeren Photonen werden vom Silizium absorbiert. Mit einer Simulation konnten die Forscher abschätzen, dass derzeit zirka fünf bis zehn Prozent der erzeugten Triplett-Paare dem Solar­strom zugefügt werden konnten.

Klaus Lips wertet dies als riesigen Erfolg und kündigt zugleich Nachfolge­experimente an: „Der zusätzliche Strom­fluss, der durch die Huckepack­schicht erzeugt wird, ist in dem aktuell vorgestellten Experiment zwar noch nicht sehr groß, jedoch haben wir mit dieser Solarzellenstruktur gezeigt, dass der Ansatz prinzipiell funktioniert. Und wir wissen bereits, was wir tun müssen, um die Ausbeute an getrennten Triplett-Exzitonen auf bis zu 200 Prozent erhöhen zu können.“

HZB / DE

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