25.02.2009

Das Geheimnis der Voyager lüften: Wissenschaftler simulieren die Turbulenzen der Sonnenwinde

Bereits vor über 30 Jahren entdeckte das Raumschiff Partikel in kleinen Wirbeln der Sonnenwinde, die "heißer" waren, als sie theoretisch hätten sein dürfen


   
Mit einem neuen 3D-Modell zur Energiesimulation sind Wissenschaftler aus Bochum und Huntsville, USA, dem "physikalischen Geheimnis" der Voyager auf der Spur. Bereits vor über 30 Jahren entdeckte das Raumschiff Partikel in kleinen Wirbeln der Sonnenwinde, die "heißer" waren, als sie nach der seit 1941 bestehenden Theorie des Mathematikers Kolmogorow hätten sein dürfen. Der Bochumer Plasmaphysiker Padma Kant Shukla und Dastgeer Shaikh von der University of Alabama haben damit erstmals durch Computer-Simulation nachgewiesen, dass das nicht-lineare Verhalten der Turbulenzen im Plasma der Sonnenwinde deutlich abweicht vom bekannten Modell für dynamische Flüssigkeiten und Gase.

Nach Kolmogorows Theorie besteht ein Zusammenhang zwischen der Größe von Windwirbeln und der Menge der Energie, die von den heißen Solarpartikeln abgegeben wird. Je kleiner ein Wirbel wird, desto stärker wirken er und seine Umgebung aufeinander ein, und desto größer wird der Verlust an Energie. Zu beobachten ist das zum Beispiel an den Strudeln, die eine Brücke verursacht, deren Pfeiler in einem Fluss stehen. Die Energie der Strudel wird nur an den Rändern abgegeben, wo die kleinsten Wirbel und das ruhig fließende Wasser aufeinander einwirken. Das Gesetz von Kolmogorow legt den Exponenten der Beziehung zwischen Wirbelgröße und Energie auf 5/3 fest: In einer dynamischen Flüssigkeit sollte sich die Menge der freigesetzten Energie um den Faktor x hoch 5/3 erhöhen, wenn sich die Größe eines Wirbels um einen Faktor x verringert.

Beobachtungen von Voyager, anderen Raumschiffen und Satelliten zeigen, dass der Energiefluss im Plasma nicht dem so genannten 5/3-Gesetz von Kolmogorow folgt, sondern eher einem 7/3-Gesetz. Das dynamische Spektrum der Wellenlängen in einem Plasma ist damit wesentlich größer als in anderen hydrodynamischen Systemen. Das bedeutet, dass sich die Leistungsfähigkeit der Energieübertragung zwischen den im Sonnenwind befindlichen heißen Partikeln und kühleren Teilchen um 40 Prozent erhöht. Das Computer-Modell, das Shukla und Shaikh entwickelten, erklärt diesen plötzlichen Anstieg mit der Wechselwirkung zwischen Magnetfeldern und den nach außen fließenden Strömen aus heißen Atomen, Ionen und Elektronen. Das Magnetfeld ist verantwortlich für Energiekaskaden. Beeinflusst und "gedrängt" von Magnetfeldern, dienen die kleinen Wirbel zur "Dämpfung" der in ihnen befindlichen Energie.

"Dasselbe geschieht auch in einem Mikrowellenherd", sagt Shaikh. "Wenn sich in diesem Gerät nichts befindet, treten die Mikrowellen aus, ohne ihre Energie abzugeben. Doch die Wellen werden in den aufzuwärmenden Lebensmitteln absorbiert, und hierdurch wird die Energie abgegeben, die die Speisen erhitzt." Die Entwicklung der beiden Wissenschaftler hilft zu verstehen, wie die Partikel in den Sonnenwinden enorme Mengen an Energie erhalten. Shukla: "Damit könnten wir eine Antwort auf die Frage finden, wo die schnellsten und leistungsfähigsten kosmischen Strahlen mit Energie aufgeladen werden." Wissenschaftler bemühen sich seit Jahrzehnten intensiv darum, plausible natürliche Prozesse zu finden, mit deren Hilfe erklärt werden könnte, wie einige kosmische Strahlen (Atome, die ihre Elektronen abgegeben haben) nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden.

Ruhr-Universität Bochum


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