Das vielleicht stabilste Papier der Welt
Amerikanischen Forschern gelang es, einzelne Graphenschichten zu dickeren papierartigen Folien zu vereinen.
Amerikanischen Forschern gelang es, einzelne Graphenschichten zu dickeren papierartigen Folien zu vereinen.
Evanston (USA) – In Nanoröhrchen, Fullerenen oder Kohlefasern, als Graphit oder Diamant zeigt Kohlenstoff seine vielfältigen Eigenschaften. Erst vor drei Jahren erweiterten isolierte Graphen-Lagen – ein Atom dünne Kohlenstoffschichten – das Portfolio der extrem stabilen Kohlenstoffmaterialien. Amerikanischen Forschern gelang es nun, einzelne Graphenschichten zu dickeren papierartigen Folien zu vereinen. Wie sie in der Zeitschrift "Nature" berichten, könnte dieser neue Werkstoff für Membranen, Superkondensatoren und als Basis für stabile Kompositwerkstoffe genutzt werden.
"Mein Traum war, Graphit in einzelne Schichten zu zerlegen und diese dann auf verschieden Wegen wieder zusammenzusetzen", sagt Rodney S. Ruoff von der Northwestern University in Evanston. Mit seiner Arbeitsgruppe ist ihm genau dies gelungen. Dazu oxidierte Ruoff zuerst schlichtes Graphit zu Graphitoxid. Etwa an jedem zweiten Kohlenstoffatom hängt sich dabei ein Sauerstoffatom an. In einem Wasserbad unter Ultraschall stoßen sich darauf die Sauerstoffatome von den Wassermolekülen ab. Die Folge: das Material trennt sich in einzelne Graphenoxid-Schichten auf.
Mit einem Fillter isolierten die Wissenschaftler diese extrem dünnen Schichten und versuchten, sie wieder kontrolliert aneinander zu lagern. Dazu ließen sie die Graphenoxidlagen sich auf einer Membran absetzen. Nach einer einfachen Trocknung im Luftstrom entstanden so papierartige Folien, die von der Membran abgeschält werden konnten. Ihre Dicken variierten dabei zwischen einem und 30 Mikrometern. Dieses neue Material erscheint unter fünf Mikrometern Dicke dunkelbraun und bei dickeren Schichten schwarz.
Abb.: Oben = Papier aus Graphen 13 cm Durchmesser. Unten links = elektronenmikroskopische Aufnahme der Kante des Graphenpapiers (Maßstab 500 Nanometer) , und unten rechts Maßstab 20 Mikrometer.
© Richard Piner and Dmitriy Dikin
Unter einem Rasterelektronenmikroskop und mithilfe von Röntgenbeugungsmustern analysierten Ruoff und Kollegen ihre Graphenoxid-Folien. Mit den Sauerstoffatomen als Abstandshalter ordneten sich die einzelnen Graphenlagen in einer Distanz von 0,83 Nanometern an. Jeweils sechs bis sieben Lagen bildeten einen geordneten Stapel von etwa fünf Nanometern Dicke. Viele dieser Stapel übereinandergeschichtet formten den neuen Graphenwerkstoff. Unter Belastung erwies sich dieses Material bis zu zehnmal stabiler als flexible Graphitfolien. Das Elastizitätsmodul, ein Wert für die Bruchfestigkeit eines Werktstoffs, bestimmten die Forscher auf bis zu 42 Gigapascal. Damit stellt Graphenoxid-Papier selbst vergleichbare Folien auf der Basis von Kohlenstoff-Nanoröhrchen in den Schatten.
Flexibel und extrem stabil bietet sich dieses Graphenoxid als Basis für vielseitige Kompositwerkstoffe kombiniert mit Polymeren, Metallen oder Keramiken an, die herkömmliche Kohlefasermaterialien ersetzen könnten. Zudem lassen sich über den Anteil an Sauerstoff die elektronischen Eigenschaften gezielt verändern. Es lassen sich sowohl Isolatoren als auch gute elektrische Leiter aus diesem Material herstellen. Hier liegen die Anwendungsgebiete beispielsweise bei so genannten Superkondensatoren als kurzfristige Stromspeicher. Da sich neben Sauerstoff auch weitere Molekülgruppen an die Graphenschichten anlagern lassen, könnten viele neue Werkstoffe mit unterschiedlichsten chemischen Eigenschaften bei großer Stabilität entwickelt werden. "Diese Kombination aus exzellenten mechanischen Eigenschaften und der chemischen Veränderbarkeit sollte Graphenoxid-Papier zu einem aufregenden Material machen", schließen die Forscher ihren Nature-Bericht.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Preparation and characterization of graphene oxide paper, Dmitriy A. Dikin et al., Nature, Vol. 448, S. 457 (2007)
- Northwestern University, Evanston: http://www.northwestern.edu
- Arbeitsgruppe Ruoff: http://bucky-central.mech.northwestern.edu/
- Graphen-Forscher in Deutschland, Max-Planck-Institut für Festkörperforschung:
http://www.fkf.mpg.de
Weiterführende Literatur:
- Jannik C. Meyer, A. K. Geim, M. I. Katsnelson, K. S. Novoselov, T. J. Booth und S. Roth, The structure of suspended graphene sheets, Nature 446, 60 (2007)
- Pitkethly, M. J. Nanomaterials—the driving force. Nanotoday 7, 20–29 (2004).
- Berhan, L. et al. Mechanical properties of nanotube sheets: Alterations in joint morphology and achievable moduli in manufacturable materials. J. Appl. Phys. 95, 4335–4345 (2004).
- Stankovich, S. et al. Graphene-based composite materials. Nature 442, 282–286 (2006).