Das Zeitlupen-Mikroskop
Ultraschnelles Rastertunnelmikroskop zeigt erstmals Bewegung einzelner Moleküle.
Gasförmige, flüssige und feste Materie besteht aus Atomen und Molekülen. Im täglichen Leben können wir Atome und Moleküle nicht einzeln beobachten, da sie selbst für die besten Lichtmikroskope tausendfach zu klein sind. Seit einigen Jahren lassen sich scheinbar ruhende Moleküle aber mithilfe ausgeklügelter nicht-
Abb.: Einzelne Pentacen-Moleküle vibrieren auf einer Goldoberfläche. (Bild: D. Peller, U. Regensburg)
Atome und Moleküle sind jedoch auch in augenscheinlich regloser Materie in ständiger Bewegung. Auf der Zeitskala von Femtosekunden flitzen, rotieren und vibrieren sie rasant durch ihre atomare Umgebung. Die Dynamik von Atomen und Molekülen ist maßgeblich dafür verantwortlich, wie sich Materie makroskopisch verhält. Sie bestimmt chemische Reaktionen, biomolekulare Vorgänge in Lebewesen und wichtige Prozesse in der modernen Nanoelektronik. Ein Traum vieler Forscher ist es daher seit Langem, die Bewegung einzelner Moleküle direkt zu sehen. Hierfür wäre ein Mikroskop nötig, das viele Milliarden mal schneller als die schnellsten elektronischen Kameras ist.
Einer internationalen Forschergruppe an der Uni Regensburg ist dieser Durchbruch jetzt gelungen. Das Team um Rupert Huber und Jascha Repp hatte es sich zum Ziel gesetzt, erstmals bewegte Bilder von einzelnen Molekülen aufzuzeichnen. Dafür haben die Forscher ein einzigartiges ultraschnelles Rastertunnelmikroskop entwickelt. Das Prinzip der Rastertunnelmikroskopie ähnelt dem eines Plattenspielers: Eine spitze Nadel wird über eine Oberfläche bewegt, um deren Relief abzutasten. Diese Nadel ist so scharf, dass ihre Spitze aus nur einem einzigen Atom besteht. Außerdem berührt sie die Oberfläche nicht, sondern schwebt wenige Atomabstände darüber. Der quantenmechanische Tunneleffekt ermöglicht es dabei, dass die Spitze als winzige, berührungslose Sonde verwendet werden kann, um Strukturen kleiner als ein einzelnes Molekül zu ertasten.
Das Zeitfenster, in dem das Tunneln geschieht, sollte dabei – ähnlich der Belichtungszeit einer Fotokamera – möglichst kurz sein, um hohe Zeitauflösung zu erreichen. Im Prinzip lässt sich dieses Zeitfenster einschränken, indem man die elektrische Vorspannung zwischen Spitze und Oberfläche nur ganz kurz anlegt. Um ganz besonders schnell zu sein, entwickelten die Forscher einen raffinierten Trick: Sie benutzten das elektrische Trägerfeld eines ultrakurzen Lichtblitzes als Vorspannung. Innerhalb einer Zeitspanne, die kürzer ist als eine Halbschwingung von Licht, konnten sie so einzelne Elektronen vom Molekül auf die Spitze tunneln lassen. Damit wurde es möglich, zum ersten Mal einen Femtosekunden-
Auf den nun zugänglichen Längen- und Zeitskalen wird die Natur unmittelbar und augenfällig von den Gesetzen der Quantenmechanik dominiert. Die neue Möglichkeit, Bewegungen von quantenmechanischen Materiewellen direkt in Ort und Zeit zu sehen und zu kontrollieren, dürfte einen Paradigmenwechsel in der Erforschung des Nanokosmos auslösen und künftige Technologien, wie etwa superschneller Lichtwellen-
U. Regensburg / RK