Das „zweite Licht“
Positronen-induzierte Lumineszenz toppt mit Lichtausbeute und gibt Hinweise auf Materialeigenschaften von Leuchtstoffen.
Leuchtstoffe werden schon lange benutzt, im Alltag zum Beispiel im Bildschirm von Fernsehgeräten oder in PC-Monitoren, in der Wissenschaft zum Untersuchen von Plasmen, Teilchen- oder Antiteilchenstrahlen. Gleich ob Teilchen oder Antiteilchen – treffen sie auf einen Leuchtstoff auf, regen sie ihn zum Lumineszieren an. Unbekannt war jedoch bisher, dass die Lichtausbeute mit Elektronen wesentlich niedriger ist als mit Positronen, ihren Antiteilchen. Dies hat Dr. Eve Stenson im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching und Greifswald jetzt beim Vorbereiten von Experimenten mit Materie-Antimaterie-Plasmen entdeckt.
Abb.: Blick in das Innere der Teilchen-Falle für Elektronen oder Positronen. Mit dem kreisrunden Leuchtschirm rechts vorne lässt sich feststellen, wie viele Teilchen die Falle einschließt. (Bild: IPP, Eve Stenson)
„Wäre Antimaterie nicht so schwierig herzustellen, könnte man auf eine Ära hochleuchtender Niederspannungs-Displays hoffen, in der die Leuchtschirme nicht von Elektronen, sondern von Positronen angeregt werden“, meint Dr. Eve Stenson augenzwinkernd zu ihrer Entdeckung. „Das ist aber leider nicht machbar“. Trotzdem könnte es eine Zukunft für Positronen-induzierte Lumineszenz geben.
Dazu müsse man sich klarmachen, so Eve Stenson, warum Positronen Leuchtstoffe so viel stärker anregen als gleich schnelle Elektronen: Beide, Elektronen und Positronen, geben ihre Bewegungsenergie beim Aufprall an das Leuchtmittel ab. Bei diesem Zusammenstoß werden Elektronen des Leuchtstoffs aus einem tieferen auf ein höheres Energieniveau gehoben. Beim Zurückfallen geben sie die freiwerdende Energie als Licht wieder ab – der Stoff leuchtet an der getroffenen Stelle auf.
Im Fall eines aufprallenden Positrons tritt jedoch noch ein zweiter Effekt auf: Nachdem es seine Energie im Leuchtstoff abgegeben hat, kann sich das Positron dort mit einem Elektron, seinem Antiteilchen, vernichten. Es bleibt ein Loch im See der Elektronen des Leuchtstoffs, in das andere Elektronen aus höheren Energieniveaus fallen können, was zu einer nochmaligen Lichtaussendung führt. Insgesamt erklärt dies die höhere Lichtausbeute der Positronen. „Dieses ‚zweite’ Licht könnte jedoch auch Informationen über die Materialeigenschaften des Leuchtstoffs und den Mechanismus der Lumineszenz liefern“, sagt Eve Stenson. Denn obwohl lumineszierende Stoffe und Leuchtschirme seit Jahrzehnten verwendet werden – in Fernsehern, Displays, Hinweisschildern, physikalischen Sensoren oder als Nanopartikel in der Medizin – sind wichtige physikalische Details ihres Verhaltens noch nicht geklärt.
Abb.: Dr. Eve Stenson an der Teilchenfalle, die hier von einem Magneten (schwarz) umgeben ist. (Bild: IPP, Julia Sieber)
Gefunden hat Eve Stenson die unterschiedliche Wirkung von Elektronen und Positronen, als sie den Leuchtschirm an einer Teilchen-Falle kalibrieren wollte, die Elektronen oder auch Positronen speichern kann. Zu ihrer Verblüffung ergaben sich für die beiden Teilchensorten zwei ganz unterschiedliche Kurvenverläufe: Positronen einer Energie von einigen zehn Elektronenvolt erzeugten in den von Eve Stenson untersuchten Leuchtschirmen aus Zinksulfid oder Zinkoxid so viel Licht wie Elektronen mit mehreren tausend Elektronenvolt: „Um das zu verstehen, fand ich mich plötzlich auf einem ungeplanten Abstecher aus der Plasmaphysik tief in die Festkörperphysik wieder“. Denn sie musste feststellen, dass die von Elektronen und Positronen ausgelöste Lumineszenz für niedrige Energien bislang offensichtlich noch nie verglichen worden war, obwohl beide Teilchensorten routinemäßig mit Leuchtschirmen nachgewiesen werden.
Die Teilchenfalle gehört zu einem gerade entstehenden experimentellen Aufbau, mit dem ein Team unter Leitung von IPP-Wissenschaftler Professor Dr. Thomas Sunn Pedersen erstmals ein Materie-Antimaterie-Plasma aus Elektronen und Positronen herstellen will.
IPP / LK