Daten von der Decke
Wenige Zusatzbauteile machen aus normalen LEDs der Raumbeleuchtung ein optisches WLAN.
Lampen sind künftig nicht nur Beleuchtung, sondern übernehmen auch den Datentransfer. Sie bringen Filme in HD-Qualität verlustfrei, schnell und sicher auf iPhone oder Laptop. Mit nur wenigen Zusatzbauteilen können normale LEDs zum optischen WLAN werden. Möglich wird dies dank optischem WLAN. Als Medium für die Datenübertragung dient Licht aus den LEDs der Deckenbeleuchtung. Das war lange eine Zukunftsvision. Doch seit Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI in Berlin im EU-Projekt Omega eine neue Übertragungstechnologie für Videodateien entwickelt haben, rückt ihre Realisierung in greifbare Nähe. Ende Mai konnten die Forscher das Projektergebnis im französischen Rennes präsentieren: Es gelang, mit Decken-LEDs, die mehr als zehn Quadratmeter eines Raums ausleuchteten, Daten mit 100 Megabit pro Sekunde verlustfrei zu übertragen. Der Empfänger lässt sich innerhalb dieser zehn Quadratmeter beliebig platzieren. „Das heißt, wir haben vier Videofilme in HD-Qualität gleichzeitig auf vier Laptops gebracht“, sagt Anagnostis Paraskevopoulos, Wissenschaftler am HHI.
Abb.: Alles Gute kommt von oben – Daten lassen sich optisch von der Deckenbeleuchtung übertragen, unmerklich für das menschliche Auge. (Bild: Fraunhofer G.)
Die Grundlagen für Visible Light Communication – VLC – wurden im Projekt gemeinsam mit den Industriepartnern Siemens und France Telecom Orange Labs entwickelt. Ein Team um Projektleiter Klaus-Dieter Langer entwickelt die neue Technologie jetzt am HHI weiter. „Bei VLC dienen die Lichtquellen – in diesem Fall Weißlicht-LEDs – gleichzeitig für die Raumbeleuchtung und für die Informationsübertragung. Mithilfe eines Spezialbauteils, des Modulators, knipsen wir die LEDs ganz schnell ein und aus, und übertragen die Informationen als Einsen und Nullen. Das menschliche Auge nimmt die Lichtmodulation nicht wahr. Als Empfänger am Laptop reicht eine schlichte Photodiode. Sie fängt das Licht auf, eine Elektronik dekodiert die Information und übersetzt sie in elektrische Impulse“, erläutert Langer. Ein Vorteil: Die LEDs lassen sich mit nur wenigen Bauteilen so präparieren, dass sie als Überträger dienen. Ein Nachteil: Sobald etwas zwischen Lampe und Photodiode gerät, wenn also jemand eine Hand dazwischenhält, wird die Übertragung beeinträchtigt.
VLC solle kein Ersatz für herkömmliches WLAN, PowerLAN oder UMTS werden, betonen die Wissenschaftler. Dort wo Funknetze unerwünscht oder nicht möglich sind, eignet es sich vielmehr als zusätzliche Datenübertragungsoption – ohne dass im Haus neue Kabel oder Geräte nötig werden. Dabei sind auch Kombinationen möglich, etwa für eine Richtung optisches WLAN und für den Rückkanal PowerLAN. So lassen sich Filme auf den PC übertragen und auch wieder von dort zurückspielen und auf einen anderen Rechner senden.
Die neue Übertragungstechnologie eignet sich etwa für Krankenhäuser. Denn hier sind Funknetze nicht erwünscht. Dennoch müssten hohe Datenraten verlustfrei und unkomprimiert übertragen werden, meinen die Experten. Wenn ein Teil der Kommunikation über die OP-Lampe läuft, ließen sich drahtlos OP-Roboter steuern oder Röntgenbilder übermitteln. In Flugzeugen könnte jeder Passagier sein eigenes Unterhaltungsprogramm auf einem Display sehen, die Flugzeughersteller könnten gleichzeitig Kilometer an Kabeln sparen. Ein weiterer möglicher Einsatzort sind Fabrikhallen. Auch hier stören Funknetze oft die Abläufe.
Derzeit entwickeln die Forscher ihre Systeme weiter in Richtung höherer Bitraten. »Im Labor konnten wir mit einer rot-blau-grünen Weißlicht-LED 800 Mbit/s übertragen«, sagt Langer »Das ist Weltrekord für die VLC-Methode.« Auf der Internationalen Funkausstellung IFA vom 2. bis 7. September in Berlin zeigen die HHI-Wissenschaftler in Halle 11.1, Stand 8 wie Videos per Licht übertragen werden.
Fraunhofer G. / OD