19.12.2025

Der durchleuchtete Satellit

EURECA wurde Jahrzehnte nach seiner Mission mit Röntgenmethoden untersucht.

Es kommt selten vor, dass Satelliten nach ihrer Mission im Weltraum unversehrt auf die Erde zurückkehren – zum Beispiel der europäische Satellit EURECA, der European Retrievable Carrier. Empa-Forschende haben den Satelliten mit unterschiedlichen Röntgenmethoden zerstörungsfrei untersucht. Diese könnten künftig bei der Entwicklung von wiederverwendbaren Raumfahrttechnologien sowie in der Aviatik und der Automobilindustrie zum Einsatz kommen.

Ob ein verstauchtes Fußgelenk oder der Rucksack am Flughafen: Röntgenbilder gehören heute in vielen Bereichen zum Alltag. Weitaus weniger alltägliche Aufnahmen sind Empa-Forschenden am Center for X-Ray Analytics gelungen: In Zusammenarbeit mit dem Swiss Space Center (heute Space Innovation der EPFL) und dem Verkehrshaus der Schweiz haben sie einen ganzen Satelliten geröntgt.

Der jetzt durchleuchtete Satellit ist ein Unikat. In den Weltraum startete er 1992 an Bord der Raumfähre Atlantis. Der Schweizer Astronaut Claude Nicollier setzte EURECA in der Erdumlaufbahn aus. Dort verblieb der viereinhalb Tonnen schwere Satellit die nächsten elf Monate – bis er am 1. Juli 1993 von der Crew der Raumfähre Endeavour eingefangen und zurück zur Erde gebracht wurde. Somit ist EURECA einer der wenigen Satelliten, die von ihrem Einsatz im Weltall intakt zurückgekehrt sind.

Mehr zu Röntgentechnik

Photo
Photo
Photo
Photo
Photo
Photo
Günter Dörfel • 12/2020 • Seite 48

Röhren für den Durchblick

Ursprünglich plante die Europä­ische Welt­raum­organi­sation ESA mehrere Missionen für den wieder­verwend­baren Satel­liten. EURECA trug fünf­zehn aus­tausch­bare Vor­rich­tungen für wissen­schaft­liche Experi­mente, von Bio­logie bis Astro­physik. Aus Budget­gründen wurde das Programm jedoch gekürzt – und der erste Flug war zugleich der letzte. Ende 2000 wurde der Satel­lit im Verkehrs­haus der Schweiz in Luzern ausge­stellt. Von hier war der Weg nach Düben­dorf an die Empa nicht mehr weit. Einen geflogenen Satel­liten auf Herz und Nieren zu unter­suchen – diese Mög­lich­keit wollten sich die Empa-Forschen­den nicht entgehen lassen.

Erstmals geröntgt wurde EURECA bereits 2016. Die voll­ständigen Ergeb­nisse der Unter­suchung wurden kürzlich veröffent­licht. Mit der Hochenergie-Röntgen­anlage gelang es den For­schenden, den fünf Meter langen, drei Meter hohen und zwei­einhalb Meter breiten Satel­liten in einem Stück zu röntgen. Außer­dem zogen sie für Teile des Satelliten sowie für die zwei noch erhaltenen wissen­schaft­lichen Instru­mente weitere Röntgen­techniken hinzu.

Der große Vorteil der Röntgen-Bild­gebung ist beim Satel­liten gleich wie beim Fuß­gelenk in der Klinik und dem Hand­gepäck am Flug­hafen: Sie erlaubt einen zerstörungs­freien Blick ins Innere. „Unsere Analyse erstreckt sich über mehrere Größen­ordnungen, von der gesamten Träger­struktur des Satel­liten bis hin zu Material­unter­suchungen auf der Nano­meter-Skala“, sagt Empa-Forscher Robert Zboray. Dabei fanden die For­schen­den mehrere Defekte, etwa Risse in den Kunst­stoff-Verstre­bungen sowie Brüche und Verfor­mungen in den unter­suchten wissen­schaft­lichen Instru­menten.

An dieser Stelle befindet sich ein eingebundenes Video von Youtube.

Durch die Darstellung werden personenbezogene Daten (wie IP-Adresse) an Youtube übertragen.

Bitte lesen Sie die Datenschutzbestimmungen um genaue Informationen zu erhalten.

„Satelliten sind im Weltall starker Strahlung, großen Temperatur­schwankungen und Kolli­sionen mit Partikeln von Meteoriten und Weltraum­schrott ausge­setzt“, so Zboray. „Gerade bei wieder­verwendbaren Satelliten können wir mit unseren Methoden Schwach­stellen identifi­zieren.“ Auch bei Start und Landung können Schäden entstehen. Um sie genau zuzu­ordnen, wären laut Zboray weitere Experi­mente notwendig. „Ideal wäre es, solche Satel­liten sowohl vor dem Start als auch nach der Landung zu röntgen“, sagt der Wissen­schaftler.

Obwohl EURECA seine Solarpanele nur noch im Verkehrs­haus entfaltet, ist das Thema der wiederverwendbaren Raumtechnologien heute so aktuell wie noch nie. Im Jahr 2025 befinden sich bereits mehr als zehntausend Satelliten in Umlauf­bahnen der Erde – und es werden jedes Jahr mehr. Dazu kommen unzählige Raketen­stufen, Bruch­teile von alten Satelliten und weiterer Weltraum­schrott, die eine Gefahr für aktive Satel­liten sowie für die bemannte Raumfahrt dar­stellen. Wieder­verwend­bare Satelliten könnten helfen, diese Müllflut zu reduzieren – und mit Röntgen­verfahren ließe sich ihr Design optimieren, ist Zboray überzeugt. Hochenergie-Röntgenverfahren finden aber auch irdische Verwen­dung, etwa zur Untersuchung von Kompo­nenten für die Aviatik und die Auto­mobil­industrie, oder sogar in der Forensik. [Empa / dre]

Anbieter

Empa

Überlandstrasse 129
8600 Dübendorf
Schweiz

Kontakt zum Anbieter







Anbieter des Monats

SmarAct GmbH

SmarAct GmbH

Mit der Entwicklung und Produktion von marktführenden Lösungen im Bereich hochpräziser Positioniertechnik, Automatisierungslösungen und Metrologie begleitet die SmarAct Group ihre Kunden zuverlässig bei der Realisierung ihrer Ziele.

Veranstaltung

Vier Kongress-Fokusthemen beleuchten Kernaspekte der Quantenphotonik zur Quantum Photonics 2026

Vier Kongress-Fokusthemen beleuchten Kernaspekte der Quantenphotonik zur Quantum Photonics 2026

Der Fachkongress mit begleitender Ausstellung „Quantum Photonics“ findet vom 5. bis 6. Mai 2026 zum zweiten Mal in der Messe Erfurt statt. Mit dem neuen One-Ticket-Konzept wird die Teilnahme am Event noch einfacher und effektiver.

Meist gelesen

Themen