14.02.2022

Schärferer Blick mit Dunkelfeld-CT

Dunkelfeld-Röntgen als Prototyp in einen klinischen Computertomographen integriert.

Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat erstmalig eine neue Röntgen­methode, das Dunkelfeld-Röntgen, in einen für den Patienten­einsatz ausgelegten Computer­tomographen integriert. Dunkelfeld-Röntgen liefert zusätzliche Informationen zu konventionellen Röntgen­aufnahmen. Mit dem neuen Prototyp sind dreidimensionale Dunkelfeld-Röntgen­aufnahmen möglich.

 

Abb.: Nikolai Gustschin beim Arbeiten am neu­entwickelten...
Abb.: Nikolai Gustschin beim Arbeiten am neu­entwickelten Dunkel­feld-Computer­tomographen (Bild: A. Eckert, TUM)

Computertomographie (CT) ist eine der wichtigsten Methoden in Kliniken für präzise und schnelle Diagnosen. Bisher werden dafür konventionelle Röntgen­aufnahmen verwendet, um diese dann in ein dreidimensionales CT-Bild umzurechnen. Eine neue Röntgen­technologie, das Dunkelfeld-Röntgen, kann zusätzliche Informationen liefern und feine Gewebestrukturen, insbesondere der Lunge, deutlich detaillierter als bisher abbilden. Bisher gab es jedoch aufgrund technischer Herausforderungen keine Möglichkeit, Patienten mit der neuen Röntgentechnologie in einem klinischen CT-Gerät zu untersuchen.

Ein Forschungsteam um Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM, hat nun ein CT-Gerät so weiterentwickelt, dass es beide Röntgentechnologien kombiniert. „Wir konnten erstmals zeigen, dass sich das Dunkelfeld-Röntgen auch in einen klinischen Computertomographen integrieren lässt. Obgleich noch eine neue Technologie, zeigen vorangegangene, vorklinische Studien mit Mäusen bereits deutliche Vorteile der Dunkelfeld-Computertomographie, vor allem für die Bildgebung von Lungengewebe“, sagt Franz Pfeiffer, Leiter der Studie. Der neue CT-Prototyp wurde bereits erfolgreich mit einem sogenannten Thorax Phantom, einem künstlichen Modell eines menschlichen Oberkörpers, getestet, und ist groß genug für den geplanten Einsatz bei Patienten.

Auf dem Weg von der Röntgenquelle zum Detektor wird Röntgenlicht durch das dazwischenliegende Gewebe abgeschwächt. Konventionelles Röntgen nutzt diesen Effekt zur Bildgebung, da die Abschwächung je nach Art und Struktur des Gewebes unterschiedlich stark ist. Dadurch erscheinen Strukturen wie beispielsweise Knochen, die das Röntgenlicht stärker abschwächen, im konventionellen Röntgenbild hell, während durchlässigeres Gewebe wie die Lunge dunkel erscheint.

Dunkelfeld-Röntgen nutzt hingegen die Streuung des Röntgenlichts. Trifft Röntgenlicht auf Materialien unterschiedlicher Dichte, wie zum Beispiel an den Grenzflächen zwischen Lungen­gewebe und Luft, wird es kleinwinklig gestreut. Wertet man diese Kleinwinkel­streuung aus, erhält man zusätzliche Informationen über feinste Gewebestrukturen, die mit konventionellen Röntgen­verfahren nicht auflösbar wären.

Um das gestreute Röntgenlicht detektieren zu können, sind spezielle optische Elemente, sogenannte mikro­strukturierte Gitter, nötig. Diese werden zwischen Röntgenquelle und Detektor angebracht. Wenn das Röntgenlicht die Gitter passiert, entsteht ein charakteristisches Muster auf dem Detektor. Platziert man eine Probe oder Person zwischen den Gittern, verändert sich das Muster. Dadurch sind Rückschlüsse auf die Struktur der Probe oder das Gewebe der Person möglich.

Die Umsetzung der Dunkelfeld-Methode in einem CT-Gerät für die menschliche Größe bringt verschiedene technische Herausforderungen mit sich. Deswegen war die Größe von Dunkelfeld-CT-Geräten bisher auf deutlich kleinere Dimensionen beschränkt, die für den Einsatz beim Menschen nicht ausreichen. Außer der Größe stellt auch die schnell rotierende Scan-Einheit spezielle Anforderungen an die technischen Komponenten.

Die Scan-Einheit von CT-Geräten, Gantry genannt, rotiert sehr schnell. Dabei entstehen Vibrationen, die Auswirkungen auf die fein abgestimmte Technik im Inneren des Geräts haben. Auf der Basis einer detaillierten Analyse der Vibrationen gelang es dem Forschungsteam, die Vibrationen sogar zu nutzen, um die für die Dunkelfeld-Bildgebung notwendige Verschiebung der Gitter gegeneinander zu realisieren. Für die Auswertung der Scans entwickelten sie neue Algorithmen, die auf der Grundlage von Referenzscans die auf Vibrationen zurückzuführenden Effekte herausrechnen.

„Mit dem Dunkelfeld-CT-Prototyp können wir beim gleichen Scan-Durchgang konventionelle Röntgen­aufnahmen und Dunkelfeld-Aufnahmen machen. Dadurch gewinnen wir zusätzliche Informationen. Diese könnten zukünftig nicht nur bei der Diagnose von Lungenkrankheiten, sondern beispielsweise auch bei der Diagnose von Nierensteinen und Ablagerungen im Gewebe von Vorteil sein“, sagt Manuel Viermetz, einer der beiden Erstautoren der Studie. Die Forscher planen, die Bildgebung mit dem Dunkelfeld-Computer­tomographen im nächsten Schritt noch weiter zu optimieren und das Gerät für den ersten Einsatz bei Patienten vorzubereiten.

TUM / DE

 

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