Dawn zeigt überraschend viel Wasserstoff auf Vesta
Einfall wasserhaltiger kohliger Chondriten hat Geologie des Asteroiden entscheidend beeinflusst.
Vesta ist der drittgrößte Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und wird an Masse nur vom Zwergplaneten Ceres übertroffen. Nach heutiger Ansicht ist Vesta kein typischer Asteroid, sondern eher ein Protoplanet, ein ursprünglicher Planetenkern aus der Frühzeit des Sonnensystems also, der ohne größere Kollisionen zu erleiden bis heute überlebt hat.
Abb.: Bei der Verteilung von Wasserstoff auf dem Asteroiden Vesta fanden die Forscher die geringste Häufigkeit (blau) in einem jungen Einschlagbecken, die höchste in alten Oberflächenregionen (rot; Bild: Prettyman et al.)
Im Juli 2011 schwenkte die amerikanische Raumsonde Dawn in eine Umlaufbahn um Vesta ein und blieb dort bis zum 5. September dieses Jahres. Die Messungen der Sonde bestätigen in vielerlei Hinsicht das Bild, dass die Astronomen sich durch frühere Beobachtungen und durch die Untersuchung von Meteoriten, die von Vesta stammen, gemacht hatten. Doch Dawn liefert auch überraschende neue Erkenntnisse. So galt Vesta bislang als trockener, wasserloser Himmelskörper, entstanden innerhalb der „Schneegrenze“ des jungen Sonnensystems. Innerhalb dieser Grenze war die Strahlung der jungen Sonne so stark, dass flüchtige Stoffe verdampft und ins All abgeströmt sind.
Brett Denevi von der Johns Hopkins University in Laurel im US-Bundesstaat Maryland und ihre Kollegen haben jedoch ungewöhnliche, mit Einbrüchen durchsetzte Geländeformationen auf Vesta entdeckt. Solche unregelmäßig geformten, randlosen Senken finden sich vor allem in und um Einschlagkrater. Ähnliche Strukturen gibt es auch auf dem Planeten Mars. Die Forscher gehen hier wie dort davon aus, dass sie durch die Verdampfung flüchtiger Stoffe infolge der beim Einschlag freigesetzten Hitze entstehen. Demnach enthalten Teile der Oberfläche einen relativ großen Anteil an flüchtigen Stoffen.
Diese Vermutung bestätigen Thomas Prettyman vom Planetary Science Institute in Tucson (PSI) und seine Kollegen. Das Team hat die chemische Zusammensetzung der Vesta-Oberfläche mit einem Detektor für Gammastrahlen und Neutronen untersucht. Das Gestein Vestas enthält demnach einen substanziellen Anteil an Wasserstoff. Den höchsten Anteil an Wasserstoff fanden die Planetologen in den ältesten Oberflächenregionen nahe dem Äquator von Vesta. Vermutlich liegt der Wasserstoff gebunden in der Form von Wassereis vor – dieses Wassereis wäre dann auch die flüchtige Substanz, die die von Denevi und ihrem Team untersuchten Senken verursacht hat.
Dass der Wasserstoff vor allem in den ältesten Regionen vorkommt, deutet nach Ansicht der Forscher auf einen exogenen Ursprung. Die Beobachtungen sind laut Prettyman und Kollegen in guter Übereinstimmung mit einer langsamen Ansammlung des Wasserstoffs durch den Einfall kohliger Chondriten, spezieller Meteoriten mit einem hohen Wasseranteil. Die Messungen von Dawn liefern damit einen spannenden Einblick in die Entwicklung des Sonnensystems.
Rainer Kayser
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