13.12.2021 • Halbleiter

Dehnung von Halbleitern steuert Lichtaussendung

Transport von Exzitonen verläuft anders als bislang erwartet.

Die optischen und elektrischen Eigenschaften hauch­dünner Halbleiter lassen sich in unerwarteter Weise steuern, indem man die mechanische Dehnung des Materials kontrolliert. Das hat eine Forschungs­gruppe der Universitäten Marburg und Münster heraus­gefunden, indem sie untersuchte, wie sich sichtbare und unsichtbare Quasi­teilchen in Halbleiter-Dünn­schichten bewegen. Das Team analysierte ein spezielles neuartiges Halbleiter­material, Übergangs­metall-Dichal­ko­genid-Monolagen, kurz TMD (nach der englischen Bezeichnung transition metal dichal­co­genide). Dabei handelt es sich um hauch­dünne Kristalle, die aus einer einzigen atomaren Schicht bestehen.

Abb.: Sichtbare und dunkle Exzi­tonen ver­halten sich gegen­sätz­lich...
Abb.: Sichtbare und dunkle Exzi­tonen ver­halten sich gegen­sätz­lich gegenüber Material­dehnung: Wo die einen sich hin­be­wegen, ent­fernen sich die anderen. Dunkle Exzi­tonen können durch Anregung sicht­bar ge­macht werden. (Bild: A. Ericson, PU Marburg)

„Weil sie extrem biegsam und absorptions­stark sind, gelten sie als vielver­sprechende Kandidaten für opto­elektro­nische Anwendungen, zum Beispiel Licht­quellen oder Detektoren der nächsten Generation“, erklärt Ermin Malic von der Uni Marburg, der die theoretischen Arbeiten leitete. „In ultradünnen TMDs können negative und positive Ladungen erzeugt werden, die in einem stark gebundenen Zustand vorliegen – als Paar aus Elektron und Leerstelle“, ergänzt Rudolf Bratschitsch von der Uni Münster, der für die experi­men­tellen Beiträge verant­wortlich war. „Wenn solche Exzitonen zerfallen, emittieren sie ein Photon.“ Die atomar dünne Schicht leuchtet. Es gibt aber auch Elektron-Loch-Paare, die nicht zu Licht werden, also nicht sichtbar sind, diese nennt man dunkle Exzitonen. „Obwohl man dunkle Exzitonen nicht sehen kann, beeinflussen sie die Licht­emission von Halbleitern“, betont Malic.

TMDs sind bemerkenswert empfindlich gegenüber mechanischer Spannung. Die Dehnung des Materials wirkt sich insbesondere auf das Verhalten der Exzitonen aus: Durch Dehnung wird ihre Energie abgesenkt. Da die Quasi­teilchen beweglich sind, erwartet man, dass sie sich zur Stelle mit der stärksten Dehnung bewegen, um ihre Energie zu minimieren. In ihrer Studie haben die Forscher in TMDs verfolgt, welchen Weg die Exzitonen in Zeit, Raum und Energie zurücklegen.

Die Forschungsgruppe verwendete eine regel­mäßige Anordnung von Mikrosäulen aus Kunststoff, auf die sie die Halbleiter-Monolage übertrugen. Das Aufstempeln der Dünnschicht auf die Mikrosäulen erzeugt eine ungleich­mäßige Dehnung, die direkt zwischen zwei Säulen am stärksten ausfällt. Überraschender­weise bewegt sich die Licht­emission der Exzitonen von Regionen großer Dehnung weg. Das lasse sich auf die dominierende Rolle der sich aus­breitenden dunklen Exzitonen zurück­führen: Sie versammeln sich nicht im Bereich mit starker Dehnung, wie in einem Trichter, sondern entfernen sich davon.

„Der Transport der Exzitonen, den wir fest­ge­stellt haben, verläuft ganz anders, als man es bisher erwartet hatte“, resümiert Malic. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich die optischen und elektro­nischen Eigen­schaften von techno­logisch viel­ver­sprechenden atom­dünnen Halbleitern kontrollieren lassen, indem man ihren Dehnungs­zustand ändert.“

PU Marburg / RK

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