25.04.2013

Dem Kanalrhodopsin auf die Kanäle geschaut

Biophysiker knacken den Reaktionsmechanimus des für die Optogenetik wichtigen Proteins.

Wissenschaftler aus Berlin, Frankfurt und Bielefeld haben die Funktionsweise des für die Steuerung von Zellen in Organismen verantwortlichen Proteins Kanalrhodopsin entschlüsselt. Mithilfe zeitaufgelöster Infrarotspektroskopie gelang ihnen ein einzigartiger Einblick in dessen Mechanismus. Sie konnten dabei Protonierungsreaktionen und Strukturveränderungen zeitlich und örtlich hochaufgelöst verfolgen. Die Erkenntnisse ermöglichen auch die gezielte Herstellung von Proteinvarianten mit verbesserten Eigenschaften, die in Zukunft etwa in der Hirnforschung bei der Behandlung von Parkinson-Symptomen zur Anwendung kommen können.

Abb.: Schema des Photozyklus von Kanalrhodopsin mit Dauer und Wellenlängen maximaler Absorption (Bild: V. Lórenz-Fonfría et al.)

Das von den Wissenschaftlern analysierte Kanalrhodopsin erlaubt es, Nervenimpulse durch Licht auszulösen, und das in lebenden Organismen. Der molekulare Mechanismus dieses faszinierenden Proteins war trotz vielfacher Anwendungen bislang unklar.

Die Optogenetik ist ein neues Forschungsfeld, in dem lichtempfindliche Proteine eingesetzt werden, um Prozesse in einer biologischen Zelle zu kontrollieren. Das vor zehn Jahren entdeckte Kanalrhodopsin begründete dieses Gebiet. Es ist ein Protein, das in der Biomembran sitzt und nach Lichtanregung einen Kanal öffnet, um Kationen durchzuschleusen. In einer biologischen Zelle wird dadurch ein Nervenimpuls ausgelöst. Anstatt, wie früher üblich, mit Metallelektroden Nervenzellen zu erregen, ist es mit dem Kanalrhodopsin nun möglich, dies mit Licht zu bewerkstelligen, und zwar nicht-invasiv. Diese Methode hat den unschätzbaren Vorteil, dass man die Nerven optisch und damit ferngesteuert erregen kann.

Außerdem lassen sich mit genetischen Methoden nur bestimmte Zelltypen mit dem Protein Kanalrhodopsin versehen, sodass auch nur ganz bestimmte Zelltypen erregt werden. Insgesamt steht somit eine Methode zur Verfügung, die es erlaubt, Zellen innerhalb eines komplexen Zellverbands sehr spezifisch mit der Hilfe von Licht zu adressieren, also durch Methoden der Optogenetik.

Da unser Gehirn auf der Basis von elektrischen Signalen und chemischen Botenstoffen funktioniert, kann mit diesem Werkzeug zum Verständnis der Gehirnfunktion auf molekularer Ebene beigetragen werden. Die Beantwortung von so grundsätzlichen Fragen, wie: Wie funktioniert unser Gedächtnis? oder: Wie kommt das Bewusstsein zustande? können damit zielgerichtet angegangen werden. Aufgrund der Bedeutung und der rasanten Entwicklung in der biomedizinischen Anwendung wurde die Optogenetik von „Nature Methods“ zur Methode des Jahres 2010 gewählt.

Dem Biophysiker Joachim Heberle von der FU Berlin und seinen Kollegen gelang es, wesentliche Teile des Mechanismus des Kanalrhodopsins auf atomarer Ebene aufzuklären. Sie setzten dafür die zeitaufgelöste Infrarot-Spektroskopie ein, um die Strukturänderungen dieser molekularen Maschine zu verfolgen. Das Resultat: Die Anregung mit blauem Licht löste Strukturänderungen in dem Protein aus, die zu einer zeitlich exakten Abfolge von Protonenverschiebungen innerhalb des Proteins führte. Diese Ladungsverschiebungen dirigierten das Öffnen und Schließen des lichtaktivierten Ionenkanals und somit die Steuerung der Nervenzelle. Wo im Protein und wie schnell diese Reaktionen abliefen, konnten sie mithilfe moderner biophysikalischer Methoden zeigen.

FU Berlin / DE

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