Der Asteroidengürtel – ursprünglich eine Lücke im Sonnensystem?
Planetesimale könnten erst später in diese Region eingewandert sein.
Zwischen den Planeten Mars und Jupiter zieht eine große Zahl kleinerer Himmelskörper ihre Bahn. Bei diesen Asteroiden handelt es sich, so die allgemein angenommene Erklärung, um Überreste aus der Zeit der Planetenentstehung: Unter dem störenden Einfluss der Anziehungskraft des großen Gasplaneten Jupiter konnten sich dort aus den Planetesimalen kein großer Planet bilden. Computermodelle der Planetenentstehung liefern für dieses Szenario allerdings eine Gesamtmasse von mindestens einer Erdmasse für den Asteroidengürtel. Und das ist mehr als das Zweitausendfache der tatsächlich beobachteten Masse in dieser Region.
Abb.: Die erdähnlichen Gesteinsplaneten entstanden in einem Ring aus staubhaltiger Materie im inneren Sonnensystem, die äußeren Planeten in einem äußeren Ring aus Gas. Zwischen diesen Ringen – in der Region des heutigen Asteroidengürtels – klaffte ursprünglich eine nahezu materiefreie Lücke. (Bild: NASA)
Zahlreiche enge Begegnungen zwischen den Asteroiden müssten also im Verlauf der Jahrmilliarden den größten Teil der Himmelskörper aus dem Gürtel herausgeworfen haben. Diese Vorstellung allerdings ist schwer mit einer anderen Beobachtung in Einklang zu bringen: Im inneren Gürtel beobachten Astronomen hauptsächlich Asteroiden des Typs S mit heller Oberfläche, im äußeren Gürtel dagegen hauptsächlich Asteroiden des Typs C mit dunkler Oberfläche. Wenn die Dynamik des Asteroidengürtels jedoch für eine derart drastische Entvölkerung der Region gesorgt hat, sollte sie ebenso zu einer völligen Durchmischung der unterschiedlichen Asteroiden-
Sean Raymond und Andre Izidoro von der Universität Bordeaux in Frankreich werfen daher die Frage auf, ob nicht das Standard-
Das Forscher-Duo präsentiert jetzt die Ergebnisse von Computersimulationen, bei denen die erdähnlichen Gesteinsplaneten in einem Ring aus staubhaltiger Materie im inneren Sonnensystem, die äußeren Planeten in einem äußeren Ring aus Gas entstehen. Zwischen diesen Ringen – in der Region des heutigen Asteroidengürtels – klafft zunächst eine nahezu materiefreie Lücke. Die Rechnungen von Raymond und Izidoro zeigen, dass in einem solchen Modell die entstehenden Planeten übrig gebliebene Planetesimale in diese Lücke hineinschleudern. Und zwar hellere Körper aus dem inneren Sonnensystem in die innere Zone, dunklere Körper aus dem äußeren Sonnensystem in die äußere Zone der Lücke.
„Wir haben damit widerlegt, dass der ursprüngliche Asteroidengürtel eine hohe Masse besessen haben muss“, schreiben die beiden Forscher. „Die Einbringung von Planetesimalen in eine ursprünglich leere Zone vermag die Gesamtmasse, die Verteilung der Umlaufbahnen und die radiale Verteilung der Typen im heutigen Asteroidengürtel zu erklären.“ Die Region zwischen Mars und Jupiter sei demnach zwar tatsächlich – wie im klassischen Modell – eine Art Lagerstätte übriggebliebener Bausteine der Planetenentstehung. „Allerdings sind diese Bausteine nicht im Asteroidengürtel entstanden, sondern überall im Sonnensystem.“
Rainer Kayser
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RK