05.11.2009

Der Blick ins Quantengas

Neues Lasermikroskop liefert hoch aufgelöste Momentaufnahmen von Bose-Einstein-Kondensaten.

Neues Lasermikroskop liefert hoch aufgelöste Momentaufnahmen von Bose-Einstein-Kondensaten.

Wie Eier in einem Eierkarton können tiefkalte Rubidium-Atome in den Potenzialmulden eines optischen Gitters eingefangen werden. Mit einem solchen Fanggitter gelang es nun amerikanischen Physikern von der Harvard University in Cambridge, ein neues Lasermikroskop für ein so genanntes Quantengas zu entwickeln. Mit ihrem Instrument, das eine extrem exakte Ortung der gefangenen Atome erlaubt, erhoffen sie sich neue Einblicke in komplexe Quantenprozesse und weitere Fortschritte auf dem Weg zu einem Quantencomputer.

Abb.: Schema des Lasermikroskops für Quantengase: Mit Lasern wird ein holografisches Muster auf ein Bose-Einstein-Kondensat projiziert. So entsteht ein optisches Gitter, in dem die Atome jeweils einzeln eingefangen werden. (Bild: Markus Greiner, Harvard University)

"Dieses Quantengas-Mikroskop könnte zum Bestimmen und Auslesen von ausgedehnten Quanteninformationssystemen dienen, die auf ultrakalten Atomen aufbauen", schreiben Markus Greiner und seine Kollegen vom Harvard-MIT Center for Ultracold Atoms. Um die Eigenschaften ihres Lasermikroskops zu demonstrieren kühlten die Physiker Rubidium-Atome bis nahe an den absoluten Nullpunkt ab. So erhielten sie ein zweidimensionales Quantengas eines Bose-Einstein-Kondensat, in dem sich die Quantenzustände der einzelnen Atome nicht mehr voneinander unterschieden und eine Art Superatom bildeten.

Für das optisches Fanggitter, in dem sich die einzelnen Atome anordnen sollten, projizierten sie darauf mit Lasern durch die Optik eines hochauflösenden Lichtmikroskops ein holografisches Muster. Die Rubidiumatome verteilten sich darauf über das gesamte Gitter. Der Abstand zweier Atome zueinander betrug dabei nur 640 Nanometer. Jedoch reichte die Anzahl der Rubidiumatome nicht aus, um alle Plätze innerhalb des Gitters einzunehmen. Da durch die Laserprojektion die Atome zugleich zum Leuchten angeregt wurden, konnten die Wissenschaftler exakt beobachten, an welchen Positionen sich die tiefgekühlten Rubidiumatome befanden.

Da keines der Rubidiumatome innerhalb des Bose-Einstein-Kondensats auf einen eindeutigen Ort festgelegt war, besetzten sie die Plätze innerhalb des Gitters entsprechend den Wahrscheinlichkeiten für eine bestimmte Position, die durch den Zustand des Quantengas vorgegeben waren. Im Prinzip entspricht jede Aufnahme von den eingefangenen Atomen einer eingefrorenen Momentaufnahme des ursprünglichen Quantengases. Und die Genauigkeit, die dieses neue Lasermikroskop liefert, liegt etwa um das Zehnfache höher als bei bisher verwandten optischen Methoden.

Mit diesen Schnappschüssen eines Quantengases mit atomarer Auflösung könnten nun komplexe Phänomene von Bose-Einstein-Kondensaten selbst, aber auch von exotischen Zuständen wie Supraflüssigkeiten genauer untersucht werden. Waren bisher nur deren makroskopischen Eigenschaften zugänglich, eröffnet das Lasermikroskop nun einen ersten mikroskopischen Blick. Solche geordneten Areale eingefangener Atome könnten aber auch einen Nutzen bei der weiteren Entwicklung von Quantencomputern zeigen. Daher sind nun Folgeversuche vorstellbar, in denen die gefangenen Atome einzelne Qubits darstellen und miteinander verschränkt werden könnten.

Jan Oliver Löfken


Weitere Infos

Weiterführende Literatur:

  • Bloch, I., Dalibard, J. & Zwerger, W.: Many-body physics with ultracold gases. Rev. Mod. Phys. 80, 885–964 (2008)
    dx.doi.org/10.1103/RevModPhys.80.885
  • Blatt, R. & Wineland, D. J.: Entangled states of trapped atomic ions. Nature 453, 1008–1014 (2008)
    dx.doi.org/10.1038/nature07125
  • Köhl, M., Moritz, H., Stöferle, T., Günter, K. & Esslinger, T.: Fermionic atoms in a three dimensional optical lattice: observing Fermi surfaces, dynamics, and interactions. Phys. Rev. Lett. 94, 080403 (2005)
    dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.94.080403
     

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