Der feinste Goldstaub der Welt
An der TU Wien wurde eine Methode gefunden, einzelne Goldatome auf einer Oberfläche zu fixieren. Damit sollen bessere und billigere Katalysatoren möglich werden.
Nach möglichst großen Goldstücken suchen viele – an der TU Wien allerdings ist man auf der Suche nach Gold in möglichst kleinem Maßstab. Man vermutet, dass einzelne Goldatome als Katalysatoren den Ablauf chemischer Reaktionen unterstützen. Allerdings verbinden sich die Goldatome meist rasch zu winzigen Goldklumpen aus mehreren Atomen, wenn man sie auf einer Oberfläche platziert. Durch eine spezielle Oberfläche aus Eisenoxid ist einem Forschungsteam für Oberflächenphysik nun das Kunststück gelungen, Goldatome einzeln festzuhalten. Dadurch sollen Katalysatoren möglich werden, die effizienter sind und mit einer weitaus geringeren Menge des wertvollen Metalls auskommen als bisher.
Abb.: Rastertunnelmikroskop-Bild der Eisenoberfläche mit einzelnen Goldatomen. (Bild: TU Wien)
Gold ist zwar ein Edelmetall, das normalerweise mit anderen Elementen keine chemische Bindung eingeht, doch als Katalysator kann es Reaktionen anderer Substanzen ermöglichen. Es kann beispielsweise zur Umwandlung von giftigem Kohlenmonoxid in Kohlendioxid beitragen. Wie gut Gold als Katalysator wirkt, hängt von der Größe der verwendeten Goldpartikel ab. Es gibt starke Hinweise darauf, dass die Wirkung besonders groß ist, wenn die Goldatome einzeln vorliegen. Bisher konnte das aber nicht genau untersucht werden. „Bringt man Goldatome auf eine Oberfläche, ballen sie sich zu Nanopartikeln zusammen – die Wirkung einzelner Goldatome ist daher schwer zu messen“, erklärt Gareth Parkinson, der die Forschungen in der Arbeitsgruppe von Ulrike Diebold am Institut für Angewandte Physik der TU Wien durchführte.
Je größer die Temperatur, umso beweglicher werden die Goldatome. Um das Zusammenballen der Goldatome zu Nanopartikeln zu verhindern, hätte man bisher allerdings bei so tiefen Temperaturen arbeiten müssen, dass die gewünschten chemischen Reaktionen gar nicht mehr ablaufen. Das Forschungsteam an der TU Wien verwendete nun eine ganz spezielle Eisenoxid-Oberfläche, mit der sich die einzelnen Goldatome festhalten lassen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in winzigen Verzerrungen des Eisenoxid-Kristallgitters. Die Sauerstoff-Atome auf der Oberfläche sind nicht streng in geraden Reihen ausgerichtet, sie werden durch die darunterliegenden Atome zu Schlangenlinien verformt. Dort wo sich die Sauerstoff-Reihen nahekommen, kann sich ein Goldatom dauerhaft anlagern ohne den Halt zu verlieren. Selbst wenn man die Oberfläche erhitzt, bleiben die Goldatome noch einzeln an ihrem Platz – erst bei einer Temperatur von 500 Grad Celsius lösen sie sich und klumpen zusammen.
Abb.: Die Sauerstoffatome an der Oberfläche formen Schlangenlinien. Färbig angedeutet wurde die Lage der darunterliegenden Atome, die für die Schlangenstruktur verantwortlich sind. (Bild: TU Wien)
Trifft ein Goldatom auf die Eisenoxid-Oberfläche, bewegt es sich ein kleines Stück, bis es an eine der Stellen gelangt, an der es festgehalten werden kann. Viele einzelne Goldatome können auf diese Weise knapp nebeneinander positioniert werden. Nur wenn ein Goldatom auf einen Punkt auftrifft, der bereits von einem anderen Goldatom besetzt wird, können die Atome nicht mehr fixiert werden: Sie verbinden sich und bewegen sich gemeinsam auf der Oberfläche, und bei dieser Wanderung können sie noch weitere Goldatome an sich binden. Ist eine kritische Größe von zumindest fünf Goldatomen erreicht, bleibt der Mini-Goldklumpen wieder liegen.
Ulrike Diebold erwartet, dass durch die neu entwickelte Methode wichtige Fragen der Katalyse geklärt werden können. „Wir konnten ein ideales Modellsystem herstellen, mit dem man die chemische Reaktivität einzelner Atome untersuchen kann“, sagt Diebold. Auch die theoretische Forschung wird von diesen Erkenntnissen vorangetrieben: Die quantenphysikalisch komplizierten Bindungen zwischen einzelnen Atomen und den Oberflächen bieten eine exzellente Möglichkeit, theoretische Berechnungen auf dem Gebiet der stark korrelierten Elektronensysteme mit experimentellen Daten zu vergleichen.
TU Wien / PH