Der feuchte Mond
Die Infrarot-Spektroskopie der Sonden Chandrayaan-1, Cassini und Epoxi zeigt übereinstimmend eine deutliche Absorption an der Mondoberfläche bei einer Wellenlänge von drei Mikrometern.
Der feuchte Mond
Die Infrarot-Spektroskopie der Sonden Chandrayaan-1, Cassini und Epoxi zeigt übereinstimmend eine deutliche Absorption an der Mondoberfläche bei einer Wellenlänge von drei Mikrometern.
Auf dem Mond gibt es möglicherweise erheblich mehr Wasser als bislang vermutet. Darauf deuten Messungen der indischen Sonde Chandrayaan-1 hin, die im Infrarotbereich deutliche Absorptionen durch Wasser oder Hydroxyl (OH) an der Mondoberfläche zeigen. Der Wasseranteil an der optischen Oberfläche könnte demnach bis zu 0,5 Gewichtsprozente betragen. Alte Daten der Saturnsonde Cassini und neue Beobachtungen mit der Raumsonde Epoxi bestätigen dieses überraschende Ergebnis.
Seit unbemannte Sonden und insbesondere die bemannten Apollo-Missionen in den 1960er und 1970er Jahren Gesteinsproben vom Mond zur Erde gebracht haben, galt unser Trabant als knochentrocken. Denn im Mondgestein zeigten sich keinerlei wasserhaltige oder durch Wasser veränderte Mineralien, wie sie für irdisches Gestein typisch sind. Selbst so genanntes plutonisches Gestein, dass durch die Abkühlung geschmolzenen Gesteins tief unter der Oberfläche entstanden ist, zeigt keine Spur von Wasser. Da Ausdünstungen aus dem Inneren des Erdtrabanten genügend Zeit gehabt hätten, auf dieses Gestein einzuwirken, schien es also im Gegensatz zur Erde auch tief in der Mondkruste kein Wasser zu geben.
Abb.: Der Sonnenwind - Ursprung des Wassers an der Mondoberfläche? Die Protonen - positiv geladene Wasserstoff-Ionen - reagieren, so die These, mit Sauerstoff im Mondgestein zu Hydroxyl und Wasser. (Bild: University of Maryland/F. Merlin/McREL)
Die Messungen von Chandrayaan-1, Cassini und Epoxi - der Verlängerung der Kometenmission Deep Impact - werfen dieses Bild nun über den Haufen. Denn die Infrarot-Spektroskopie aller drei Sonden zeigt übereinstimmend eine deutliche Absorption an der Mondoberfläche bei einer Wellenlänge von drei Mikrometern. An dieser Stelle liegt eine wichtige Schwingungs-Absorptionslinie der OH-Gruppe, die als außerordentlich empfindlicher Indikator für die Anwesenheit von Wasser oder Hydroxyl gilt. Die Forscher sind sich deshalb sicher, dass die Messungen tatsächlich die Anwesenheit von Wasser an der Mondoberfläche zeigen.
Dafür spricht auch, dass die Messungen eine Zunahme des Wasseranteils in Richtung auf die Mondpole zeigen, sowie räumliche Variationen in Abhängigkeit von geologischen Strukturen und zeitliche Änderungen in Abhängigkeit vom Sonnenstand über der Mondoberfläche. Das Wasser ist also offenbar nicht statisch im Mondboden gebunden, sondern befindet sich, so die Wissenschaftler, in einem dynamischen Prozess der Migration über die Mondoberfläche.
Die Messungen unterstützen damit auch die Vermutung einiger Mondforscher, dass sich an den Polen des Erdtrabanten, in permanent im Schatten liegenden Regionen am Boden von Kratern, größere Mengen von Eis befinden könnten. Wasserdampf könnte sich in diesen Kältefallen niederschlagen und ansammeln.
Wo aber kommt das beobachtete Wasser her? Untersuchungen der alten Gesteinsproben vom Mond mit modernen, genaueren Methoden haben im vergangenen Jahr gezeigt, dass insbesondere die darin enthaltenen vulkanischen Gläser doch einen geringen Anteil an Wasser im Bereich einiger ppm besitzen. Die räumliche Verteilung des Wassers in diesen Gläsern deuten sogar darauf hin, dass der ursprüngliche Wasseranteil bei bis zu 0,1 Gewichtsprozent gelegen haben könnte - ein Wert, der dann ähnlich hoch wäre wie bei irdischen Basalten.
Eine Ausgasung des Wassers aus dem Mondinneren wirft jedoch die Frage auf, warum die Mineralien im Mondgestein keine der typischen Veränderungen durch den Einfluss von Wasser aufweisen. Die Forscher halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass der Sonnenwind die Quelle des Wassers an der Mondoberfläche ist. Die Protonen des Sonnenwinds könnten, so die Überlegung, mit im Gestein gebundenem Sauerstoff zu Hydroxyl und Wasser reagieren.
Rainer Kayser
Weitere Infos:
Originalarbeiten:
- C. M. Pieters et al.: Character and Spatial Distribution of OH/H2O on the Surface of the Moon Seen by M3 on Chandrayaan-1. Science Express, 24. September (2009)
DOI: 10.1126/science.1178658
- J. M. Sunshine et al.: Temporal and Spatial Variability of Lunar Hydration as Observed by the Deep Impact Spacecraft., Science Express, 24. September (2009)
DOI: 10.1126/science.1179788
- R. N. Clark: Detection of Adsorbed Water and Hydroxyl on the Moon. Science Express, 24. September (2009)
DOI: 10.1126/science.1178105
Perspective-Artikel (links werden am Abend freigeschaltet):
- P. G. Lucey: A Lunar Waterworld. Science Express, 24. September (2009)
DOI: 10.1126/science.1181471
Weitere Arbeiten:
- A. E. Saal et al., Volatile content of lunar volcanic glasses and the presence of water in the Moon's interior, Nature 454, 192 (2008)
DOI: 10.1038/nature07047
- R. A. Vasavada et al., Near-Surface Temperatures on Mercury and the Moon and the Stability of Polar Ice Deposits. Icarus 141, 179 (1999)
DOI: 10.1006/icar.1999.6175
Links zu den Sonden:
- Chandrayaan-1:
http://www.chandrayaan-i.com/index.php
KP