Der Planet fällt nicht weit vom Stern
Neue Analysen verfeinern Modell zur Entstehung und Entwicklung von Planeten.
Sterne und Planeten entstehen aus demselben kosmischen Gas und Staub. Im Verlauf des Entstehungsprozesses kondensiert ein Teil des Materials und bildet Gesteinsplaneten, der Rest wird entweder vom Stern angehäuft oder wird Teil von Gasplaneten. Die Annahme eines Zusammenhangs zwischen der Zusammensetzung von Sternen und ihrer Planeten ist daher naheliegend und wird etwa im Sonnensystem durch meisten Gesteinsplaneten bestätigt. Dennoch erweisen sich Annahmen, insbesondere in der Astrophysik, nicht immer als wahr. Eine Studie unter der Leitung des Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço in Portugal, an der auch Forschende der Universität Bern und der Universität Zürich beteiligt sind, liefert den ersten empirischen Beweis für diese Annahme – und widerspricht ihr teilweise zugleich.
Um herauszufinden, ob die Zusammensetzung von Sternen und ihren Planeten zusammenhängt, verglich das Team sehr präzise Messungen von beiden. Bei den Sternen wurde ihr ausgestrahltes Licht gemessen, das den charakteristischen spektroskopischen Fingerabdruck ihrer Zusammensetzung trägt. Die Zusammensetzung der Gesteinsplaneten wurde indirekt bestimmt: Aus ihrer gemessenen Masse und Radius wurden ihre Dichte und Zusammensetzung abgeleitet. Erst in jüngster Zeit sind genügend Planeten so genau vermessen worden, dass aussagekräftige Untersuchungen dieser Art möglich sind.
„Doch da Sterne und Gesteinsplaneten sehr unterschiedlicher Natur sind, konnten wir ihre Zusammensetzung nicht direkt vergleichen“, erklärt Christoph Mordasini, Dozent für Astrophysik an der Universität Bern. „Stattdessen haben wir die Zusammensetzung der Planeten mit einer theoretischen, heruntergekühlten Version ihres Sterns verglichen. Während der größte Teil des Sternmaterials – vor allem Wasserstoff und Helium – bei der Abkühlung als Gas verbleibt, kondensiert ein kleiner Teil, der aus gesteinsbildendem Material wie Eisen und Silikat besteht“, erklärt Mordasini.
„Wir kombinieren in unserem Modell Erkenntnisse zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen.“ Mithilfe des „Berner Modell der Entstehung und Entwicklung von Planeten“ konnten die Forschenden die Zusammensetzung die Gesteinsmaterials des heruntergekühlten Sterns berechnen. „Das haben wir dann mit den Gesteinsplaneten verglichen“, so Mordasini. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Annahmen bezüglich der Zusammensetzung von Sternen und ihrer Planeten nicht grundlegend falsch waren: Die Zusammensetzung von Gesteinsplaneten ist tatsächlich eng mit jener ihres Wirtssterns verbunden. Allerdings ist die Beziehung nicht so simpel, wie angenommen“, sagt Vardan Adibekyan.
Erwartet hatten die Forschenden, dass die Häufigkeit dieser Elemente im Stern die Obergrenze darstellt. „Doch bei einigen der Planeten ist etwa die Eisenhäufigkeit im Planeten sogar höher als im Stern“, sagt Caroline Dorn von der Universität Zürich. „Dies könnte auf gigantische Einschläge auf diesen Planeten zurückzuführen sein, bei denen ein Teil des äußeren, leichteren Materials abbricht, während der dichte Eisenkern zurückbleibt“, so die Forscherin. Die Ergebnisse könnten den Forschenden daher Aufschluss über die Geschichte der Planeten geben.
„Die Ergebnisse dieser Studie sind auch sehr nützlich, um die Zusammensetzung von Planeten einzugrenzen, die auf der Grundlage der aus Masse- und Radiusmessungen berechneten Dichte angenommen wird“, sagt Christoph Mordasini. „Da mehr als eine Zusammensetzung zu einer bestimmten Dichte passen kann, sagen uns die Ergebnisse unserer Studie, dass wir die möglichen Zusammensetzungen mithilfe jener des Wirtssterns eingrenzen können“, sagt Mordasini. Und da die genaue Zusammensetzung eines Planeten etwa darauf Einfluss hat, wie viel radioaktives Material er enthält oder wie stark sein Magnetfeld ist, kann sie darüber entscheiden ob der Planet lebensfreundlich ist oder nicht.
Mit dem Berner Modell können Aussagen gemacht werden, wie ein Planet entstanden ist und wie er sich entwickelt hat. Seit 2003 wird das Berner Modell an der Universität Bern laufend weiterentwickelt. Ins Modell fließen Erkenntnisse ein zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Submodelle zur Akkretion oder dazu, wie Planeten gravitationsbedingt miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen sowie zu Prozessen in den protoplanetaren Scheiben, in denen Planeten entstehen. Mit dem Modell werden auch Populationssynthesen erstellt, die aufzeigen, welche Planeten sich wie häufig unter bestimmten Rahmenbedingungen in einer protoplanetaren Scheibe entwickeln.
U. Bern / JOL