20.10.2021

Der Planet fällt nicht weit vom Stern

Neue Analysen verfeinern Modell zur Entstehung und Entwicklung von Planeten.

Sterne und Planeten entstehen aus demselben kosmischen Gas und Staub. Im Verlauf des Entstehungs­prozesses kondensiert ein Teil des Materials und bildet Gesteinsplaneten, der Rest wird entweder vom Stern angehäuft oder wird Teil von Gasplaneten. Die Annahme eines Zusammenhangs zwischen der Zusammen­setzung von Sternen und ihrer Planeten ist daher naheliegend und wird etwa im Sonnensystem durch meisten Gesteins­planeten bestätigt. Dennoch erweisen sich Annahmen, insbesondere in der Astrophysik, nicht immer als wahr. Eine Studie unter der Leitung des Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço in Portugal, an der auch Forschende der Universität Bern und der Univer­sität Zürich beteiligt sind, liefert den ersten empirischen Beweis für diese Annahme – und widerspricht ihr teilweise zugleich.

Abb.: Illustration der Planeten­entstehung um einen sonnen­ähnlichen Stern,...
Abb.: Illustration der Planeten­entstehung um einen sonnen­ähnlichen Stern, wobei die Bausteine der Planeten – Gestein und Eisen­moleküle – im Vorder­grund symbolisiert sind. (Bild: T. Cunha, Planetário do Porto)

Um herauszufinden, ob die Zusammensetzung von Sternen und ihren Planeten zusammenhängt, verglich das Team sehr präzise Messungen von beiden. Bei den Sternen wurde ihr ausge­strahltes Licht gemessen, das den charak­teristischen spektro­skopischen Fingerabdruck ihrer Zusammensetzung trägt. Die Zusammen­setzung der Gesteins­planeten wurde indirekt bestimmt: Aus ihrer gemessenen Masse und Radius wurden ihre Dichte und Zusammensetzung abgeleitet. Erst in jüngster Zeit sind genügend Planeten so genau vermessen worden, dass aussage­kräftige Untersuchungen dieser Art möglich sind.

„Doch da Sterne und Gesteins­planeten sehr unter­schiedlicher Natur sind, konnten wir ihre Zusammensetzung nicht direkt vergleichen“, erklärt Christoph Mordasini, Dozent für Astrophysik an der Universität Bern. „Statt­dessen haben wir die Zusammensetzung der Planeten mit einer theoretischen, herunter­gekühlten Version ihres Sterns verglichen. Während der größte Teil des Stern­materials – vor allem Wasserstoff und Helium – bei der Abkühlung als Gas verbleibt, kondensiert ein kleiner Teil, der aus gesteins­bildendem Material wie Eisen und Silikat besteht“, erklärt Mordasini. 

„Wir kombinieren in unserem Modell Erkenntnisse zu den viel­fältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen.“ Mithilfe des „Berner Modell der Entstehung und Entwicklung von Planeten“ konnten die Forschenden die Zusammensetzung die Gesteins­materials des herunter­gekühlten Sterns berechnen. „Das haben wir dann mit den Gesteins­planeten verglichen“, so Mordasini. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Annahmen bezüglich der Zusammen­setzung von Sternen und ihrer Planeten nicht grundlegend falsch waren: Die Zusammen­setzung von Gesteins­planeten ist tatsächlich eng mit jener ihres Wirtssterns verbunden. Allerdings ist die Beziehung nicht so simpel, wie angenommen“, sagt Vardan Adibekyan.

Erwartet hatten die Forschenden, dass die Häufigkeit dieser Elemente im Stern die Obergrenze darstellt. „Doch bei einigen der Planeten ist etwa die Eisen­häufigkeit im Planeten sogar höher als im Stern“, sagt Caroline Dorn von der Universität Zürich. „Dies könnte auf gigan­tische Einschläge auf diesen Planeten zurück­zuführen sein, bei denen ein Teil des äußeren, leichteren Materials abbricht, während der dichte Eisenkern zurückbleibt“, so die Forscherin. Die Ergebnisse könnten den Forschenden daher Aufschluss über die Geschichte der Planeten geben. 

„Die Ergebnisse dieser Studie sind auch sehr nützlich, um die Zusammen­setzung von Planeten einzugrenzen, die auf der Grundlage der aus Masse- und Radius­messungen berechneten Dichte angenommen wird“, sagt Christoph Mordasini. „Da mehr als eine Zusammen­setzung zu einer bestimmten Dichte passen kann, sagen uns die Ergebnisse unserer Studie, dass wir die möglichen Zusammen­setzungen mithilfe jener des Wirtssterns eingrenzen können“, sagt Mordasini. Und da die genaue Zusammen­setzung eines Planeten etwa darauf Einfluss hat, wie viel radioaktives Material er enthält oder wie stark sein Magnetfeld ist, kann sie darüber entscheiden ob der Planet lebens­freundlich ist oder nicht.

Mit dem Berner Modell können Aussagen gemacht werden, wie ein Planet entstanden ist und wie er sich entwickelt hat. Seit 2003 wird das Berner Modell an der Universität Bern laufend weiter­entwickelt. Ins Modell fließen Erkennt­nisse ein zu den viel­fältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Submodelle zur Akkretion oder dazu, wie Planeten gravitations­bedingt miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen sowie zu Prozessen in den proto­planetaren Scheiben, in denen Planeten entstehen. Mit dem Modell werden auch Populations­synthesen erstellt, die aufzeigen, welche Planeten sich wie häufig unter bestimmten Rahmen­bedingungen in einer proto­planetaren Scheibe entwickeln.

U. Bern / JOL

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