18.09.2008

Der Pulsschlag eines supermassiven Schwarzen Lochs

Ein Team britischer Astronomen hat erstmals eine quasiperiodische Variabilität der Röntgenstrahlung aus der Umgebung eines supermassiven Schwarzen Lochs nachgewiesen.

      

Ein Team britischer Astronomen hat erstmals eine quasiperiodische Variabilität der Röntgenstrahlung aus der Umgebung eines supermassiven Schwarzen Lochs nachgewiesen. Solche Periodizitäten kannten die Forscher bislang nur bei stellaren Schwarzen Löchern. Die Wissenschaftler, die in "Nature" über ihre Entdeckung berichten, sehen in den Strahlungsschwankungen ein neues Werkzeug zur Untersuchung der physikalischen Vorgänge in aktiven Galaxienkernen.
 
Schwarze Löcher lassen sich mit lediglich zwei Größen beschreiben: Masse und Rotation. Deshalb sollten die astrophysikalischen Phänomene im Umfeld der supermassiven Schwarzen Löcher in aktiven Galaxienkernen letztlich nichts anderes sein als vergrößerte Versionen ähnlicher Erscheinungen bei stellaren Schwarzen Löchern in unserer Milchstraße.

Die Energieerzeugung sowohl der supermassiven Schwarzen Löcher als auch der stellaren Schwarzen Löcher wird angetrieben durch die Akkretion von Gas aus der Umgebung. Und trotz des enormen Massenunterschieds - Millionen bis Milliarden Sonnenmassen bei aktiven Galaxienkernen, etwa zehn Sonnenmassen bei stellaren Schwarzen Löchern - beobachtet man tatsächlich bei beiden Objekten eine Vielzahl ähnlicher Phänomene: Akkretionsscheiben, stark gebündelte Plasmastrahlen ("Jets") und charakteristische Helligkeitsschwankungen, deren Zeitskalen von der Masse der Schwarzen Löcher abhängen.



Abb.: Künstlerische Darstellung der Materieakkretion auf ein Schwarzes Loch. Rechts die gemittelte Lichtkurve der Röntgenstrahlung von RE J1034+396. (Bild: A. Simonnet, Sonoma State University, NASA E/PO)

Allerdings zeigen die Helligkeitsschwankungen stellarer Schwarzer Löcher im Röntgenbereich eine auffällige Quasiperiodizität, deren Ursache bislang nicht geklärt ist. Möglicherweise führen Instabilitäten bei der Materieakkretion zu den Oszillationen. Marek Gierlinski und seinen Kollegen von der University of Durham in Großbritannien gelang es nun erstmals, solche quasiperiodischen Oszillationen im Röntgenbereich auch bei einem aktiven Galaxienkern nachzuweisen. 

Die Astronomen haben den aktiven Galaxienkern RE J1034+396 mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton beobachtet. Das Objekt besitzt eine Rotverschiebung von 0,042 und ist damit etwa 560 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. "Schon mit bloßem Auge erkennt man deutlich periodische Oszillationen", beschreiben Gierlinski und seine Kollegen die Röntgenlichtkurve des Objekts. Eine sorgfältige statistische Analyse bestätigte mit hoher Signifikanz (5,6 Sigma) eine Periodizität auf einer Skala von etwa einer Stunde in dem Signal.

Bedingt durch die erheblich größere Masse laufen die Vorgänge, die zu den Oszillationen führen, in aktiven Galaxienkernen erheblich langsamer ab, als bei stellaren Schwarzen Löchern. Die Beobachtung und Vermessung des Röntgen-Pulsschlags aktiver Galaxien bietet den Astronomen also die Möglichkeit, diese Vorgänge gewissermaßen in Zeitlupe zu beobachten.

Dazu wäre es natürlich wünschenswert, ähnliche Oszillationen auch bei weiteren aktiven Galaxien oder Quasaren nachzuweisen. Das könnte sich jedoch als schwierig erweisen, befürchten Gierlinski und seine Kollegen. Denn RE J1034+396 ist eine ungewöhnlich aktive Galaxie, deren Spektrum auf eine extrem hohe Akkretionsrate hindeutet. "Wir müssen uns natürlich fragen, warum wir die quasiperiodischen Oszillationen gerade bei dieser Quelle gefunden haben - denn von vielen aktiven Galaxienkernen gibt es vergleichbar gute Röntgendaten", so die Forscher. Vielleicht ist es gerade die hohe Akkretionsrate, die zur Entstehung der Oszillationen führt.     

      
Rainer Kayser


Weitere Infos:

  • Originalarbeit:
    Gierlinski et al.: A periodicity of 1 hour in X-ray emission from the active galaxy RE J10341396, Nature 455, 369 (2008)
  • P. Uttley: News & Views: Heartbeat of an active galaxy, Nature, 455, 294 (2008)
  • University of Durham: http://www.dur.ac.uk/
  • XMM-Newton: http://sci.esa.int/xmm/

weitere Literatur:

  • I. M. McHardy et al.: Active galactic nuclei as scaled-up Galactic black holes, Nature 444, 730 (2006)
  • S. Vaughan und P. Uttley: Where are the X-ray quasi-periodic oscillations in active galaxies?,  Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 362, 235 (2005)


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