29.11.2007

Der Zwilling der Erde

Seit dem 11. April 2006 umkreist die europäische Sonde Venus Express unseren Nachbarplaneten Venus. Nun wurden erste Ergebnisse veröffentlicht.



Seit dem 11. April 2006 umkreist die europäische Sonde Venus Express unseren Nachbarplaneten Venus. Nun wurden erste Ergebnisse veröffentlicht.

Seit dem 11. April 2006 umkreist die europäische Sonde Venus Express unseren Nachbarplaneten. In der aktuellen Ausgabe von „Nature“ präsentieren gleich acht Forscherteams die ersten Ergebnisse der Mission. Die Messungen bestätigen die Vermutung der Planetenforscher, dass die Venus ursprünglich wie die Erde ein wasserreicher Planet war. Doch es gibt auch neue Rätsel: So zeigt der Planet unerwartet große Temperaturunterschiede in der mittleren Atmosphäre zwischen Tag- und Nachtseite - und es gibt, ebenfalls überraschend, Hinweise auf Gewitter in der Wolkendecke der Venus.

„Venus ist unser nächster Nachbar und bezogen auf Masse und Durchmesser fast ein Zwilling der Erde“, schreiben Håkan Svedhem und seine Kollegen vom Forschungszentrum Estec der europäischen Raumfahrtbehörde Esa im niederländischen Nordwijk. „Trotzdem sind die Bedingungen auf beiden Planeten in vielerlei Hinsicht extrem unterschiedlich.“ Die Venus besitzt keine Ozeane, ihre Obenflächentemperatur liegt im Mittel bei 457 Grad Celsius, die Atmosphäre des Planeten besteht zu 96,5 Prozent aus Kohlendoxid, die Wolken aus Schwefelsäure.

Die Untersuchung von Jean-Loup Bertaux von der Université Pierre et Marie Curie in Paris und seinem Team gibt nun eine Antwort auf die Frage, wie sich die Venus so unterschiedlich von der Erde entwickelt hat. Die Messungen der Forscher zeigen nämlich, dass der Deuterium-Anteil am Wasserstoff in der Venus-Atmosphäre 100- bis 150-mal höher ist als in der irdischen Lufthülle. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass die Venus ihren Wasserstoff an das Weltall verloren hat – denn leichter Wasserstoff geht auf diese Weise schneller verloren als schwerer Wasserstoff.

Möglicherweise hatte die Venus also in ihrer Frühzeit Ozeane wie die Erde. Doch da der Planet seine Bahn näher an der Sonne zieht als die Erde, führte ein galoppierender Treibhauseffekt zum Verdampfen der Meere. Die Sonnenstrahlung spaltete dann den Wasserdampf in der Atmosphäre in Wasserstoff und Sauerstoff auf, der Wasserstoff konnte ins Weltall entweichen. Der Sauerstoff wiederum oxidierte die Oberfläche der Venus und ist heute in der trockenen Kruste des Planeten gebunden.

Abb.: Die südliche Hemisphäre der Venus im UV-Bereich (Quelle: ESA/ MPS/DLR-PF/IDA)

Auch heute verliert die Venus noch beständig Gas aus der Atmosphäre an den Weltraum, wie die Messungen von S. Barabash vom Schwedischen Institut für Weltraumphysik und seinem Team zeigen. Die Hauptursache dafür ist vermutlich der Sonnenwind – wobei allerdings Messungen mit dem Magnetometer an Bord von Venus Express darauf hindeuten, dass der Sonnenwind die Atmosphäre gar nicht erreicht. Der genaue Mechanismus bedarf also weiterer Untersuchungen.

Ein weiteres überraschendes Resultat präsentieren M. Pätzold von der Universität Köln und Kollegen: In einer Höhe von 55 bis 60 Kilometern, also mitten in der Wolkendecke der Venus, beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Tag- und Nachtseite demnach 30 bis 40 Kelvin. Welcher Mechanismus für diese Aufheizung verantwortlich ist, ist noch unklar – die Sonneneinstrahlung reicht jedenfalls nicht aus, so die Forscher.

Rätselhaft ist auch die Entdeckung von kurzzeitigen, niederfrequenten Radiopulsen aus der Venusatmosphäre durch C. T. Russell von der University of California in Los Angeles und sein Team. Solche „Whistlers“ gelten als typische Anzeichen für elektrische Entladungen. Bislang waren die Planetenforscher jedoch davon ausgegangen, dass sich in den Schwefelsäurewolken der Venus keine elektrischen Spannungen für Gewitter aufbauen können. Zwar konnten auf der Tagseite die für Gewitter typischen Konvektionszellen in der Atmosphäre beobachtet werden, doch diese Zellen enthalten nur etwa ein Hundertstel der Wolkenmenge, die auf der Erde für ein Gewitter notwendig ist.

Venus Express soll noch bis ins Jahr 2013 hinein weiter beobachten – spannende Rätsel liefert der Planet, wie sich zeigt, noch genug für diese Zeit.

Rainer Kayser

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