Design zuverlässiger nano- und mikroelektronischer Systeme
Verformungsverhalten von Silizium in nanoelektronischen Anwendungen untersucht.
Silizium verhält sich spröde wie Glas. Und dennoch ist es das Material, auf das wir uns täglich in einer Vielzahl von wichtigen Anwendungen verlassen: bei der Elektronik in unserem Smartphone, dem Datenspeicher in unseren Laptop oder in wichtigen Sensoren im Auto. Erst seit kurzem ist bekannt, dass sich die mechanischen Eigenschaften von Silizium stark mit der Größe verändern. Schrumpft man Siliziumbauteile auf Dimensionen, die hundert bis tausend Mal kleiner sind als ein menschliches Haar, ist Silizium nicht mehr spröde, sondern weich wie Butter. Das geschieht bei massivem Silizium erst bei hohen Temperaturen oberhalb von 540 Grad Celsius. Wissenschaftler der University of Illinois in den USA und des MPI für Eisenforschung haben jetzt die Eigenschaften von Federn aus Silizium, die in mikro- und nanoelektro-mechanischen Sensoren verwendet werden, untersucht.
In modernen miniaturisierten Sensoren wird Silizium als elastische Feder in Form von sehr dünnen Biegebalken verwendet. Unklar ist, ob diese Federn schon bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als 540 Grad Celsius ihr elastisches Verhalten verlieren und sich stattdessen unter Belastung irreversibel verformen. Mohammed Elhebeary und Taher Saif von der Uni of Illinois entwickelten eine neue Testplattform, die es ermöglicht, sehr dünne Siliziumbalken unter Temperatur mechanischer Belastung auszusetzen und live im Elektronenmikroskop zu beobachten wie das Material reagiert.
Dabei zeigte sich, dass bereits bei 400 Grad Celsius die dünnen Biegebalken irreversibel verformen. Wieso das der Fall ist, konnten Tristan Harzer und Gerhard Dehm vom MPIE durch höchstauflösende Transmissions-Elektronenmikroskopie aufklären. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass bei 400 Grad Celsius unter Stress Versetzungen in dem bis dahin defektfreien Silizium entstanden sind. „In Metallen kommen Versetzungen häufig vor und führen zur guten Umformbarkeit. Aber in Silizium sollten sie erst oberhalb von 540 Grad Celsius auftreten.“, erklärt Dehm. Die Entstehung von Versetzungen in Silizium bei 400 Grad Celsius war daher für die Forscher unerwartet.
MPIE / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Elhebeary et al.: Time dependent plasticity in silicon microbeams mediated by dislocation nucleation, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A., online 1. Juli 2020; DOI: 10.1073/pnas.2002681117 - Abt. Struktur und Nano- / Mikromechanik von Materialien (G. Dehm), Max-Planck-Instituts für Eisenforschung, Düsseldorf
- Mechanical Science and Engineering Department, University of Illinois at Urbana–Champaign, USA