21.09.2012

DESY ehrt Max von Laue

Am 19. September wurde die Experimentierhalle der Röntgenlichtquelle PETRA III auf den Namen des Nobelpreisträgers getauft.

„Ihr Experiment gehört zum Schönsten, was die Physik erlebt hat“ – Diese Worte schrieb Albert Einstein an Max von Laue, nachdem dieser im April 1912 ein bahnbrechendes Experiment durchgeführt hatte. Im Keller der Münchner Universität hatte von Laue gemeinsam mit Walter Friedrich und Paul Knipping einen Kristall aus Kupfersulfat mit einem Röntgenstrahl beschossen und auf Fotoplatten hinter der Probe charakteristische Beugungsbilder aufgezeichnet. Damit war nicht nur die damals noch umstrittene Wellennatur der Röntgenstrahlen nachgewiesen, sondern auch die regelmäßige Anordnung der Atome in Kristallen. Das Experiment, für das von Laue 1914 den Physik-Nobelpreis erhielt, war zugleich der Startschuss zu einer Entwicklung, die bis heute anhält: Mit immer leistungsfähigeren Röntgenquellen und Instrumenten ist es inzwischen möglich, die Kristallstruktur von komplexen Materialien aufzuklären, chemische Reaktionen zu „filmen“ oder die Funktion biologischer Nanomaschinen zu verstehen. Angesichts dieser Bedeutung hat das Deutsche Elektronen Synchrotron DESY in Hamburg den 100. Geburtstag der Röntgenstrukturanalyse zum Anlass genommen, um die Experimentierhalle der weltweit brillantesten Röntgenlichtquelle PETRA III auf den Namen des Pioniers von Laue zu taufen. Taufpaten bei dem Festakt waren Bundeskanzlerin Angela Merkel, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und die israelische Wissenschaftlerin und Chemie-Nobelpreisträgerin Ada Yonath, die ihre Schlüsselexperimente zur Strukturaufklärung des Ribosoms in den 1980er-Jahren am DESY durchgeführt hatte. 

Angela Merkel, Helmut Dosch, Ada Yonath und Olaf Scholz (v.l.) vollzogen die symbolische Taufe der Experimentierhalle von PETRA III auf Max von Laue. (Quelle: DESY)

In seiner Begrüßung betonte der Vorsitzende des DESY-Direktoriums Helmut Dosch, dass es ohne von Laues bahnbrechendes Experiment heute keine Hochleistungsmaterialien gäbe, keine maßgeschneiderten Medikamente und kein iPhone („die schlimmste aller Konsequenzen“). Zugleich würdigte er von Laues Courage während des Nationalsozialismus, als dieser unbeugsam gegenüber den Machthabern und ihren Anhängern in der Physik auftrat. „Wissenschaftliche Exzellenz und moralische Integrität – das hat Max von Laue ausgezeichnet und macht ihn bis heute zum Vorbild“, sagte dazu Angela Merkel in ihrer Festrede, in der sie nicht mit Lob für das DESY sparte. Auf dem Gebiet der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung spiele das Forschungszentrum weltweit eine Vorreiterrolle und erweise sich als attraktiver Standort für modernste Großanlagen.

Neben der vor knapp drei Jahren eingeweihten Röntgenquelle PETRA III betreibt DESY den Freie-Elektronen-Laser FLASH. Darüber hinaus befindet sich derzeit der 3,4 Kilometer lange Röntgenlaser European XFEL in Bau, an dem sich zwölf Länder beteiligen. Wenn diese Quelle 2015 in Betrieb geht, wird Hamburg eine weltweit einzigartige Kombination von Röntgenquellen aufweisen. Bereits heute bereiten sich die Wissenschaftler darauf in neugegründeten Instituten vor wie dem kürzlich fertiggestellten Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) oder dem DESY NanoLab, das 2014 seine Tore öffnen soll. Darüber hinaus soll in Kürze der Bau des Center for Structural and Systems Biology (CSSB) beginnen, mit dem Ziel, die „Supermikroskope“ des DESY verstärkt für die Infektionsforschung zu nutzen.

Olaf Scholz zeigte sich in seinem Grußwort denn auch stolz darauf, dass in Hamburg „derzeit ein weltweit einzigartiges Strukturforschungszentrum entsteht“, an dem DESY mit der Universität Hamburg, Max-Planck-Arbeitsgruppen und weiteren außeruniversitären Partnern kooperiert. Als „i-Tüpfelchen“ sollten künftig die Max-Planck-Arbeitsgruppen zu einem eigenständigen Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie verschmelzen. Der Hamburger Senat hat dafür kürzlich die Weichen gestellt, indem er sich bereit erklärt hat, 37 Millionen Euro für ein neues Gebäude zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung über die Institutsneugründung liegt nun bei der Max-Planck-Gesellschaft und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern. Helmut Dosch ist zuversichtlich, dass das neue Institut der Erforschung von Materialien und medizinischen Wirkstoffen mittels modernster Röntgenquellen „einen weiteren kräftigen Schub verleihen und die besten Wissenschaftler der Welt in die Elbmetropole locken“ wird.

Stefan Jorda
 

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