Diamant und Dampfzelle bilden Mikrowellen ab
Zwei neue Methoden ergänzen sich bezüglich Messgeschwindigkeit und örtlicher Auflösung.
Die Abbildung von Mikrowellen-Feldern gewinnt zunehmend an Bedeutung, da Mikrowellen für die moderne Kommunikations-Technologie unerlässlich sind und in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden können. Zwei Forscherteams der Uni Basel haben nun unabhängig voneinander zwei neue Methoden entwickelt, um Mikrowellenfelder abzubilden. Beide Verfahren machen sich die Änderung von Spinzuständen zunutze, die durch Mikrowellenfelder ausgelöst werden.
Abb.: Durch Messungen der Spinänderung von Atomen oder Elektronen lassen sich Mikrowellenfelder genauestens abbilden. (Bild: U. Basel)
Traditionell funktioniert die Abbildung elektromagnetischer Felder über miniaturisierte Antennen. Diese müssen allerdings aufwändig kalibriert werden und können die zu messenden Felder beeinflussen. Die Gruppen von Philipp Treutlein und Patrick Maletinsky an der Uni Basel nutzen deshalb keine Antennen, sondern den Spin von Atomen und einzelnen Elektronen, um Mikrowellenfelder abzubilden. Der Spin eines Elektrons oder eines Atoms ändert sich nämlich in Anwesenheit eines Mikrowellenfeldes, wobei die Zahl der Rotationen von der Mikrowellenfeldstärke abhängt. Da die Spins mikroskopisch klein sind, beeinflusst die Messung der Spinveränderung das zu untersuchende Mikrowellenfeld nahezu nicht.
Treutlein und seine Mitarbeiter verwenden zur Abbildung der Mikrowellenfelder eine dünne Glaszelle, die mit Rubidium-Dampf gefüllt ist. Wird nahe dieser Glaszelle ein Mikrowellenfeld angelegt, ändert sich der Spinzustand aller Rubidium-Atome in der Messzelle. Die Rotation dieses Spins ist abhängig von der Feldstärke der angelegten Mikrowellen. Mit einer speziell entwickelten Kamera halten die Forscher die Zustandsänderungen des Spins der Rubidium-Atome fest. Innerhalb weniger Millisekunden erhalten sie so ein zweidimensionales Bild der gesamten Messzelle, aus dem sich das Mikrowellenfeld mit Mikrometer-Auflösung errechnen lässt. Mit diesem Verfahren können die Forscher auch kurze Filme produzieren.
Das Team um Maletinsky misst die Spinänderung einzelner Elektronen in Stickstoff-Vakanzzentren von Diamanten, um das Magnetfeld der Mikrowellen abzubilden. Dazu produzieren die Forscher zunächst eine winzig kleine Spitze aus einkristallinem Diamant. Dieser Diamant wird so modifiziert, dass in dessen Kristallgitter einige Kohlenstoffatome durch Stickstoffatome ersetzt werden und sich gleich daneben eine Leerstelle befindet. Diese Spitze wird dann in ein speziell entwickeltes Mikroskop eingebaut und in unmittelbare Nähe eines Mikrowellenfeldes gebracht.
Wie bei den Resultaten aus der Treutlein-Gruppe ist die Rotationsgeschwindigkeit des Elektronenspins im Stickstoff-Vakanzzentrum proportional zur Mikrowellen-Feldstärke. Die gesamte Probe wird dann Punkt für Punkt analysiert und das Mikrowellenfeld aus der Spinänderung errechnet. Die Analyse dauert aufgrund des Rasterprozesses etwa eine Stunde. Sie liefert hochaufgelöste Bilder im Nanometerbereich – eine Million mal kleiner als die Wellenlänge der Mikrowellen.
Die beiden unabhängig voneinander entwickelten Methoden ergänzen sich bezüglich Messgeschwindigkeit und örtlicher Auflösung. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass bei der Untersuchung eines Mikrowellen-Schaltkreises zuerst die atomare Dampfzelle eingesetzt werden könnte, um einen schnellen Überblick über das Mikrowellenfeld zu gewinnen. Wenn dann bestimmte Bereiche besonders interessant erscheinen, könnten diese mithilfe der Stickstoff-Vakanzzentren genauestens untersucht werden. Die Kombination der beiden Methoden könnte daher in Zukunft weitreichende Folgen für die Entwicklung neuartiger Mikrowellen-Komponenten mit sich bringen.
UB / RK