Diamanten als Photonenfabrik
Stickstoff-Fehlstellenzentren in Diamanten: Strompulse statt Laser zum Ankurbeln der Photonenproduktion.
Photonenquellen, die nach äußerer Anregung einzelne Lichtteilchen produzieren, finden in der Quanteninformations- oder Messtechnik vermehrt Anwendung. Besonders Stickstoff-Fehlstellenzentren in extrem reinen, künstlich hergestellten Diamanten haben sich als „Photonen-Fabriken“ etabliert. Um einzelne Lichtteilchen zu erzeugen, regen bisher Laser die Stickstoff-Fehlstellenzentren an. Jetzt hat ein internationales Team einen Weg gefunden, um die Produktion mit simplen Strompulsen einzuleiten.
Abb.: Die neuartigen Dioden bestehen aus Mikrometer-dünnen Schichten, versehen mit Titan/Platin/Gold-Elektroden. (Bild: Mizuochi et al. / Nat. Photon.)
„Die bisher gängige, laserbasierte Methode funktioniert hauptsächlich unter Laborbedingungen“, erklärt Fedor Jelezko. Im Gegensatz dazu seien Strompulse verhältnismäßig unproblematisch auszulösen. Die nanostrukturierten Diamanten lassen sich wohl künftig in Mikrochips integrieren. Verglichen mit alternativen Photonenquellen wie etwa Quantenpunkten auf einem Halbleiteruntergrund, haben die Stickstoff-Fehlstellenzentren einen entscheidenden Vorteil: Sie produzieren Licht auch bei Zimmertemperatur.
Um das neue, auf Strompulsen fußende Verfahren möglich zu machen, galt es allerdings zunächst, eine Lösung für ein grundlegendes Problem zu finden: Bisher verwendete künstliche Diamanten haben keine Ladungsträger, die Elektronen aufnehmen können. Per Nanofabrikation haben die beteiligten Forscher von der Universität Osaka deshalb spezielle Edelsteine gezüchtet: „Die japanischen Kollegen haben die herausfordernde Aufgabe gemeistert, mit Bor und Phosphor dotierte Diamanten durch chemical vapour deposition herzustellen“, erklärt Jelezko. Mit selbstgebauten, hochauflösenden Mikroskopen konnte die internationale Forschergruppe dann die Zentren der gezüchteten Diamanten ausfindig machen und elektrisch gezielt anregen.
Photonen sind Bestandteile der elektromagnetischen Strahlung. Einzelne Lichtteilchen sind zum Beispiel für die Quantenkryptographie zur abhörsicheren Übertragung von Nachrichten per Photonenschlüssel nötig. Außerdem könnten die Teilchen als Qubits zur Informationsspeicherung in künftigen Quantencomputern eingesetzt werden. Weitere Anwendungsbereiche ergeben sich etwa in der Sensorik. „In Zusammenarbeit mit Ingenieuren werden wir jetzt an einer Miniaturisierung des neuen Diamanten-Systems zur Integration in Mikrochips arbeiten“, sagt Jelezko.
Fedor Jelezko und Jörg Wrachtrup, die Leiter des Instituts für Quantenoptik an der Uni Ulm bzw. des 3. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart, gelten als führende Experten für die Anwendung von Diamanten in der Quantenwissenschaft. Gemeinsam mit Budapester Wissenschaftlern waren sie Ideengeber des Projekts. Alle Experimente sind im japanischen Osaka durchgeführt worden.
U. Ulm / OD