28.04.2015

Die große Leere

Super-Void erklärt Cold Spot der kosmi­schen Hinter­grund­strah­lung – aber nur fast.

Es ist die bedeutsamste Anomalie in der kosmischen Hintergrund­strahlung: Der Cold Spot, eine 70 Mikro­kelvin kühlere Region im Sternbild Eridanus. Die typischen Temperatur­schwankungen der Hinter­grund­strahlung betragen lediglich 18 Mikrokelvin. Entdeckt bereits mit WMAP, der US-ameri­kanischen Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, das ESA-Satelliten­observatorium Planck hat ihn mit hoher Signifikanz bestätigt. Während die Existenz der Anomalie damit inzwischen unstrittig ist, herrscht über die Ursache keine Einigkeit. Letztlich nicht einmal darüber, ob es überhaupt einer Ursache bedarf: Es könnte sich schlicht um einen statistischen Ausreißer in der Gauß­verteilung der Temperatur­schwankungen handeln.

Abb.: Das große Bild zeigt die vom Satelliten-Observatorium Planck gemessenen Temperatur­schwankungen der kosmischen Hinter­grund­strahlung. Die kleinen Bilder zeigen (rechts) vergrößert den Cold Spot und (links) die Galaxiendichte in der Umgebung des Cold Spots. (Bild: Gerg Kránicz / ESA Planck Coll.)

Interessanter wäre natürlich eine physikalische Ursache, die diskutieren Szenarien reichen dabei von spekulativen topolo­gischen Defekten der Raumzeit bis hin zu einer Super-Void, also einer großräumigen Unterdichte in der Galaxien­verteilung. Regionen geringer Galaxien-Dichte sind in der Astronomie nicht unbekannt. Die Materie­verteilung im Kosmos zeigt Beobachtungen und Simulationen zufolge auf großen Skalen eine aus Filamenten und dazwischenliegenden Voids bestehende Struktur. Allerdings beträgt die typische Größe dieser Voids lediglich hundert Millionen Lichtjahre und ist damit erheblich zu klein, um den Cold Spot zu erklären.

Zwar lieferte eine Zählung von Radio-Galaxien 2007 einen Hinweis auf eine zehn Mal größere Super-Void in der Eridanus-Region, doch die statistische Signifikanz dieses Befunds ist aufgrund der geringen Zahl der Objekte umstritten. Eine Reihe von Untersuchungen mit normalen Galaxien lieferten keine Hinweise auf eine Unterdichte im Bereich des Cold Spot. Diese Analysen haben jedoch das Problem, zu wenige Objekte im Bereich kleiner Rotverschiebungen zu enthalten.

Dieses Manko beheben nun István Szapudi von der University of Hawaii und seine Kollegen. Mithilfe von Daten des Teleskops Pan-STARRS1 auf Maui, der zweitgrößten Insel des Hawaii-Archipels, sowie des Satelliten-Observa­toriums „Wide Field Survey Explorer“ WISE erstellen sie eine dreidimen­sionale Karte der Galaxien­verteilung in der Region um den Cold Spot mit einer mittleren Rotver­schiebung von 0,14. Und sie wurden fündig: Die Forscher stießen auf eine signifikant geringere Galaxien­dichte in einer 1,4 Milliarden Lichtjahre durch­messenden Region, deren Zentrum etwa drei Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Die Bezeichnung als Super-Void – Super-Leerraum – ist nicht wörtlich zu nehmen: Auch in solchen Regionen gibt es Materie und Galaxien, wenn auch deutlich weniger. In der Eridanus-Supervoid ist die Galaxien­dichte um 15 Prozent geringer als im kosmischen Durch­schnitt. Szapudi und sein Team errechnen daraus eine Temperatur-Absenkung der kosmischen Hintergrund­strahlung um zwanzig Mikrokelvin. Das reicht noch nicht aus, um den Cold Spot vollständig zu erklären. Eine zufällige Überein­stimmung der Himmels­positionen des Cold Spots und der Super-Void sei aber sehr unwahr­scheinlich, so die Forscher, ein kausaler Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen 20.000-mal wahrscheinlicher. Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, ob die Struktur vielleicht noch größer ist und deshalb auch einen entspre­chenden größeren Einfluss auf die Hinter­grund­strahlung hat.

Rainer Kayser

OD

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