25.10.2011

Die Physik der Ozeanströme

Was sind die Ursachen für die asymmetrischen globalen Umwälzbewegungen in den Ozeanen?

Wasser bedeckt etwa 70 Prozent der Erdoberfläche. Schon die enorme Größe der Ozeane macht deutlich, dass sie ein wichtiger Teil des Klimasystems sind. Der warme Golfstrom im Nordatlantik ist wohl die bekannteste oberflächennahe Meeresströmung. Während er in Westeuropa für ein relativ mildes Klima sorgt, ist es auf entsprechenden Breitengraden an der Westküste Nordamerikas wesentlich kälter. Im Nordpazifik gibt es zwar einen dem Golfstrom sehr ähnlichen Strom, aber keine Konvektion wie beim Golfstrom. Anna von der Heydt von der Universität Utrecht diskutiert in der November-Ausgabe des Physik Journals die Ursachen für diese Asymmetrie.

Bild: In dieser stark vereinfachten ­Darstellung der globalen thermohalinen Zirkulation sind Oberflächenströme in rot, tiefe Ströme in blau gezeigt. Grüne Kreise deuten die Orte der Tiefenwasserbildung an. (Bildquelle: Wikipedia)


Der Golfstrom ist einer der bekanntesten oberflächennahen Strömungen. Bei 38° nördlicher Breite transportiert er rund 90 Millionen Kubikmeter pro Sekunde nordwärts, während er nur etwa 100 km breit und 800 m tief ist. In allen großen Ozeanbecken und auf beiden Halbkugeln existieren Ströme mit ähnlichen Strukturen. Sie entstehen vor allem durch den Wind und beschränken sich auf die oberen 500 bis 1000 Meter des Ozeans.

Daneben gibt es aber auch Ozeanströme in der Tiefe, d. h. unterhalb von etwa 1000 Meter. Doch wie ensteht hier Bewegung? Zunächst kann auch dort Wind zu einer vertikalen Bewegung führen, vor allem zu Auftrieb von kaltem Wasser an die Oberfläche. Darüber hinaus fließen warme Oberflächenströme in Gebiete, in denen Wasser in Tiefen jenseits von 1000 Meter absinkt, also sog. Tiefenwasser entsteht. Im Nordatlantik geben der Golf- und der Nordatlantikstrom auf ihrem Weg nach Norden viel Wärme an die Atmosphäre ab, sodass östlich und westlich von Grönland kaltes (dichtes) Wasser absinkt. Dieses Wasser fließt in etwa 1500 bis 2000 m Tiefe zurück nach Süden.

Die globale Ozeanzirkulation ist ein dreidimensionales Strömungsmuster, angetrieben von unterschiedlichen Kräften: Impulsübertrag von der Luft (Wind in der Atmosphäre) auf das Wasser, Beschleunigung des Wassers durch Gezeitenkräfte und thermohaline Kräfte. Die drei Antriebsmechanismen sind nicht unabhängig voneinander, und es ist unmöglich, Strömungen nach ihrer Ursache strikt zu trennen. Das Ergebnis dieser zusammenwirkenden Kräfte ist ein komplexes dreidimensionales Strömungsmuster, bei dem Wirbel, Rezirkulationsgebiete und kleinskalige Turbulenz eine große Rolle spielen.

Im Verlauf der Erdgeschichte hat sich die Umwälzbewegung in den Weltmeeren stark geändert, schon allein, weil sich die Kontinente in diesem langen Zeitraum deutlich verschoben haben. Erklärungen, die die heutige asymmetrische Umwälzbewegung auf die Lage der Kontinente zurückführen, lassen sich also mithilfe der Informationen aus der Vergangenheit zunehmend testen. Um verlässliche Aussagen über die zukünftige Klimaentwicklung zu treffen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die komplexen Modelle nicht nur den heutigen Klimazustand so detailliert wie möglich wiedergeben, sondern auch Klimaänderungen richtig erfassen können.

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