01.07.2020

Die Physik der Pandemie

Neue Ausgabe von Physikkonkret der DPG beleuchtet die Beiträge der Physik zur Bekämpfung von COVID-19.

Die Bekämpfung des Coronavirus SARS- CoV-2 stellt eine gewaltige Heraus­forderung für unsere Gesellschaft dar. Ge- meinsam mit Wissen­schaftlern anderer Disziplinen leisten Physiker dabei wichtige Beiträge – von modernen Mess­techniken über Experimente zu den Verbreitungs­mechanismen des Virus bis hin zur Modellierung der epidemiologischen Gesamtdynamik. Bereits im Februar 2020 war es mithilfe von Röntgenlicht aus der Beschleuniger­anlage Bessy II des Helmholtz-Zentrums Berlin gelungen, die Struktur eines Schlüssel­proteins des Coronavirus aufzuklären, das an der Vermehrung der Viren beteiligt ist. Solche Erkenntnisse helfen bei der Suche nach Wirkstoffen.

Abb.: Schema­tische Dar­stellung der Corona­virus-Protease, eines wichtigen...
Abb.: Schema­tische Dar­stellung der Corona­virus-Protease, eines wichtigen Schlüssel­proteins, das an der Vermehrung der Viren beteiligt ist. (Bild: H. Tabermann, HZB)

Das gleiche Ziel verfolgen die Forscher an der Röntgen­strahlungsquelle Petra III vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg. Sie testen in einem speziell entwickelten Verfahren parallel mehrere tausend bestehende Wirkstoffe daraufhin, ob sie als Medikamente gegen SARS-CoV-2 geeignet sind. Und Wissen­schaftler des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts und der Universität Erlangen-Nürnberg versuchen live zu verfolgen, wie lebende Corona­viren in die Zellen des Menschen eindringen und was genau bei einer Infektion geschieht.

Solange aber keine Medi­kamente oder Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus verfügbar sind, bleiben Schutz­maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus uner­lässlich. Die Wirkung von Schutzmasken und Abstands­regeln wird dazu in fluid­dynamischen Untersuchungen der Ausbreitung von Tröpfchen und Aerosolen nach dem Atmen, Niesen oder Husten untersucht. Die Dynamik von Epidemien ist ein Kernthema der Physik und Mathematik stochas­tischer Prozesse. Die hier entwickelten Modelle analysieren, welche Parameter über die mittlerweile wohlbekannte Reproduk­tionszahl R hinaus wichtig sind, und welche Rolle statistische Ausreißer – wie Superspreaders oder Groß­veranstaltungen – spielen.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbst­organisation in Göttingen haben die Ausbreitung des Corona­virus sowie die Wirkung verschiedener Maßnahmen zu seiner Eindämmung modelliert. Demnach haben die von der Bundesregierung und den Regierungs­chefs der Länder beschlossenen Kontakt-Beschrän­kungen vom 22. März 2020 in der Tat verhindern können, dass sich das Coronavirus in Deutschland weiterhin exponentiell ausbreiten konnte. Entsprechende Zeitserien­analysen der COVID-19-Fall- und -Todeszahlen listet das von Horizon 2020 der Europäischen Union gefördertes Projekt OSCOVIDA (Open Science COVID Analysis) zeitnah auf, dessen Quellcode und Daten für jedermann frei verfügbar sind.

Eines ist sicher: Die Corona-Pandemie lässt sich umso wirkungsvoller eindämmen, je mehr Wissenschafts­disziplinen zusammenwirken und auf diese Weise der Politik und Gesellschaft eine möglichst belastbare Entscheidungs­basis schaffen. Die Physik als Grundlagen­wissenschaft aller Natur­erkenntnis leistet dazu vielfältige Beiträge und spielt eine wichtige Rolle bei der Vernetzung der verschiedenen Erkenntnis­ebenen.

DPG / JOL

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