03.11.2014

Die Struktur macht den Unterschied

Neue Spektroskopie-Methode unter­schei­det ein­zel­ne Kohlen­stoff­mole­küle an­hand ihres ato­maren Auf­baus.

Bestrebungen, die Welt auf molekularem Niveau zu manipulieren und uns damit nutzbar zu machen, sind allgegenwärtig. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit, einzelne Moleküle gezielt zu identifizieren. Fullerene – die ausschließlich aus Kohlenstoffatomen bestehen – erweisen sich dabei als besondere Herausforderung. Forscher des National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Japan haben nun eine neue Methode vorgestellt, mit der sie diese empfindlichen Moleküle einzeln anhand ihrer Struktur unterscheiden können.

Abb.: Ein Kohlenstoffnanoröhrchen fixiert die Fullerene C60 (blau) und C70 (braun), während sie mittels eines Elektronenstrahls analysiert werden. (Bild: L. Tizei)

Um Moleküle, die aus identischen Atomen bestehen, auf Grundlage ihrer Struktur bzw. Symmetrie zu identifizieren, bedarf es spezieller spektroskopischer Techniken. Dabei misst man in der Regel die Bindungsenergien der inneren Elektronen und erhält so Informationen über die chemische Umgebung des jeweiligen Atoms – also die Struktur, in der es eingebettet ist. Die gängige Methode dazu, die Röntgenspektroskopie, hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Ihr räumliches Auflösungsvermögen ist viel zu gering, um einzelne Moleküle zu untersuchen.

Die Forschergruppe rund um Luiz Tizei hat deshalb einen anderen Ansatz verfolgt. Sie verwendeten zur Anregung der Moleküle den Strahl eines Raster-Elektronen-Transmissions-Mikroskops, den sie auf einen Durchmesser von 0,15 nm fokussieren konnten. Auch diese Methode ist natürlich nicht ganz neu. Zur Identifikation verschiedener Fullerene galt es jedoch eine weitere grundlegende Schwierigkeit zu überwinden. Um aus dem Energieverlust des Elektronenstrahls die nötigen Rückschlüsse auf die Bindungsenergien ziehen zu können, müssen die Moleküle für mehrere Sekunden im Fokus des Strahls gehalten werden – für einzelne Fullerene eine große Herausforderung. Bindet man sie nämlich zu stark an ein Substrat, verzerrt das ihre Struktur und die ohnehin schon sehr geringen Unterschiede in den Bindungsenergien verschwimmen vollständig.

Um dieses Problem zu lösen, „verpackten“ die Forscher die zu untersuchenden Moleküle in das dünnste zur Verfügung stehende Material – in Kohlenstoffnanoröhrchen. Dazu wurden die Fullerene gemeinsam mit den Nanoröhrchen unter Vakuumbedingungen verdampft und die gefüllten Röhrchen anschließend durch Ausglühen gereinigt. In dieser, sehr treffend als „Erbsenschote“ bezeichneten Anordnung, waren die Fullerene auf besonders schonende Art fixiert. So konnten die Forscher sie eines nach dem anderen mit dem Strahl des Elektronen-Mikroskops abtasten.

Die Vorteile ihrer Methode demonstrierten die Wissenschaftler, indem sie die Nanoröhrchen zufällig mit den Fullerenen C60 und C70 füllten. Anschließend nahmen sie von jedem Molekül ein Elektronen-Energie-Verlust-Spektrum auf und subtrahierten das Signal eines leeren Röhrchens. Dem Ergebnis nach ist auf diese Art eine eindeutige Unterscheidung zwischen den beiden Molekülsorten möglich. Die Positionen der charakteristischen Peaks stimmten exakt mit jenen aus Messungen an kristallinem C60 bzw. C70 ermittelten überein. Darüber hinaus ließ sich in einem Einzelexperiment sogar eine einmalige, unbeabsichtigte Verunreinigung, vermutlich ein C84-Molekül, identifizieren. Für andere spektroskopische Methoden, die gemittelte Spektren einer Vielzahl identischer Moleküle liefern, ein Ding der Unmöglichkeit.

Ein weiterer Ansatz zur Fixierung der Fullerene, die Einbettung zwischen zwei Bornitrit-Schichten, fiel dagegen weniger erfolgreich aus. Zum einen wurden die Moleküle durch den Druck der Schichten stark deformiert, was eine eindeutige Identifizierung erschwerte. Zum anderen waren sie immer noch zu beweglich, um lange genug im Fokus des Elektronenstrahls zu verweilen.

Von ihrer Erbsenschoten-Methode erwarten sich die Forscher hingegen, neben C60 und C70 schon bald die Unterscheidung noch weiterer Fullerene ermöglichen zu können. Darüber hinaus gelingt mit verbesserten Elektronen-Mikroskopen in Zukunft vielleicht sogar eine gezielte Charakterisierung der verschiedenen Bindungen innerhalb eines Moleküls.

Thomas Brandstetter

OD

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