21.12.2021

Die Textur von Essen verstehen

Mikroskopische Analyse von Delikatessen soll tierfreundliche Alternativen ermöglichen.

Viele Delikatessen basieren auf tierischen Produkten. Handwerklich hergestellte Produkte weisen oft ein anderes Mund­gefühl auf. Dies ist auch eine große Heraus­forderung bei der Herstellung alternativer, veganer Produkte. Ein Team um Thomas Vilgis, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymer­forschung (MPI-P), hat nun gemeinsam mit der Syddansk Universitet (Dänemark) die mikroskopische Struktur von Gänse­leber­pastete mit der Struktur nicht-gestopfter, handwerklich hergestellter verglichen und starke Unterschiede festgestellt. Die Forschung kann auch dazu beitragen, die Textur pflanzen­basierter Produkte stärker an die bekannter tierischen Produkte anzulehnen.

 

Abb.: Echte Gänseleberpastete und handwerklich hergestellte unterschieden sich...
Abb.: Echte Gänseleberpastete und handwerklich hergestellte unterschieden sich auf molekularer Ebene – was sich auf das Mundgefühl beim Essen auswirkt. (Bild: MPI-P)

Seit über 4000 Jahren wird die Gänse­stopfleber (franz. „foie gras“) in manchen Kultur­kreisen als Delikatesse geschätzt. Die Textur – also das Gefühl, welches die Leber im Mund erzeugt – ist bisher nicht zu imitieren. Ein Team um Thomas Vilgis, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymer­forschung im Arbeitskreis von Kurt Kremer, hat sich nun in einer Kollaboration mit Mathias Clausen von der Syddansk Universitet in Dänemark diesem Thema angenommen und versucht, hinter die Geheimnisse der Leberpastete zu kommen.

Hierfür hat das Team echte französische Pastete mit handwerklich hergestellter verglichen. Dazu wurde normale, ungestopfte Leber einer Ente mit einem Cutter – einer Art professionellem Mixer – nachträglich mit Entenfett versetzt. In einem ersten Experiment wurden beide Leber­arten mechanisch charakterisiert.

„Wir haben gemerkt, dass es uns nicht möglich ist, die Textur der echten Gänse­leber im Labor nachzubauen: Echte Leber ist härter, etwas elastischer und gleichzeitig auch spröder als die durch Mischen der Zutaten hergestellte“, so Vilgis. Dies konnten die Wissenschaftler auch quantifizieren, indem sie die beiden Leber­arten rheologisch untersuchten – also deren Reaktion auf mechanische Kräfte, wie sie etwa beim Kauen ausgeübt werden, bestimmten.

Den Effekt führen die Forscher darauf zurück, dass die mit Hilfe des Cutters eingearbeiteten Fetttröpfchen viel weniger miteinander interagieren und aggregieren, als dies bei der gewachsenen Leber der Fall ist. Hierdurch entsteht kein so starkes Netzwerk zwischen den Fettpartikeln, was der echten Leberpaté ihre Textur gibt.

Für diese Feststellung haben die Wissenschaftler in einem weiteren Experiment eine Mikroskopie-Methode verwendet, die mit Hilfe eines Lasers eine direkte Abbildung der Fett­tröpfchen­verteilung möglich macht. Die „CARS-Mikroskopie“ (CARS, coherent anti-stokes Raman Scattering) erlaubt es hierbei, das reflektierte Licht unterschiedlicher Materialien spektral zu analysieren – Fett zeigt hierbei eine andere Signatur als das restliche in der Leber vorhandene Material.

„Wir hoffen, dass wir in Zukunft – auch im Hinblick auf das Tierwohl – beitragen können, um aus diesen Methoden zu lernen und auch vegetarische und vegane Produkte qualitativ vergleichbar herzustellen. Diese Forschung erlaubt es uns, auch Mundgefühl und Streich­fähigkeit von veganen Analogen unter neuem Licht zu betrachten und zu verbessern“, so Vilgis. Leberpastete ist schon lange in der Kritik und in vielen Ländern inzwischen verboten, immer mehr Länder folgen.

MPI-P / DE

 

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