24.03.2015

Dodekaeder aus Silizium

Käfigartige Silizium-Nanopartikel besitzen andere elektronische Eigenschaften als kristallines Halbleitersilizium.

Die Entdeckung des fußballförmigen C60-Moleküls im Jahre 1985 war ein Meilenstein für die Entwicklung der Nanowissenschaften. Parallel zum schnell aufblühenden Forschungsgebiet der Kohlenstoff-Fullerene versuchten Forscher lange Zeit vergebens, strukturell ähnliche Siliziumkäfige darzustellen. Chemikern der Goethe-Universität ist es nun gelungen, eine Verbindung zu synthetisieren, die auf einem Si20-Dodekaeder aufbaut. Dieser platonische Körper ist nicht nur ästhetisch reizvoll, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für die Halbleiterindustrie.

Abb.: Der platonische Körper ist nicht nur ästhetisch reizvoll, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für die Halbleiterindustrie. (Bild: J. Tillmann et al.)

Der Si20-Dodekaeder ist ungefähr so groß wie das C60- Molekül. Entscheidende Unterschiede bestehen jedoch zwischen den Bindungsverhältnissen: Alle Kohlenstoffatome des C60 sind dreifach koordiniert und bilden Doppelbindungen aus. Im Silizium-Dodekaeder sind dagegen alle Atome vierfach koordiniert und über Einfachbindungen verknüpft, so dass auch eine Verwandtschaft zum Dodekahedran (C20H20) besteht. „Das Dodekahedran galt seinerzeit als ‚Mount Everest‘ der Organischen Chemie, weil es zunächst nur über eine 23-stufige Synthesesequenz zugänglich war. Im Gegensatz dazu bildet sich unser Si20-Käfig, ausgehend von Si2-Bausteinen, in einem Schritt“, so Matthias Wagner vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Goethe-Universität.

Die Si20-Hohlkörper, die sein Doktorand Jan Tillmann isoliert, sind stets mit einem Chlorid-Ion gefüllt. Die Frankfurter Chemiker vermuten daher, dass sich der Käfig um das Anion herum aufbaut und dieses somit einen strukturbestimmenden Einfluss ausübt. Auf seiner Oberfläche trägt der Cluster acht Chloratome und zwölf Cl3Si-Gruppen. Sie weisen hochsymmetrisch in den Raum, wodurch das Molekül eine besondere Schönheit gewinnt. Quantenchemische Rechnungen aus dem Arbeitskreis von Max C. Holthausen an der Goethe-Universität belegen, dass das experimentell beobachtete Substitutionsmuster eine ausgeprägte Stabilisierung des Si20-Gerüsts bewirkt.

Künftig wollen Tillmann und Wagner mithilfe der oberflächengebundenen Cl3Si-Ankergruppen dreidimensionale Nanonetzwerke aus Si20-Einheiten herstellen. Insbesondere interessieren sich die Forscher jedoch für das Anwendungspotential der neuen Verbindung: „Räumlich strikt begrenzte Silizium-Nanopartikel zeigen fundamental andere Eigenschaften als konventionelle Siliziumwafer“, erläutert Matthias Wagner. Daher eröffnet der lange gesuchte Zugang zum Siladodekahedran die Möglichkeit, fundamentale elektronische Eigenschaften käfigartiger Si-Nanopartikel im Vergleich zu kristallinem Halbleitersilizium zu studieren.

U. Frankfurt / DE

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